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Kommentar: Volkswagen – Kann man denen trauen?

Und? Kann man denen in Wolfsburg nun vertrauen? Seit der Pressekonferenz gestern am Vormittag und dem Führungskräfte-Treffen am Abend in Wolfsburg liegen zwei Antworten nahe: Wir müssen ihnen trauen. Denn nichts wäre jetzt schädlicher als ein Führungswechsel. Alles fiele wieder auf Anfang. Wir sollten ihnen trauen, wenn Sie die Programme durchziehen, von denen sie berichteten.

So mancher hatte mehr erwartet als einen Zwischenbericht, den Aufsichtsratsvorsitzender Hans-Dieter Pötsch und der Vorstandsvorsitzende der Volkswagen AG, Matthias Müller, ablieferten. Doch die beiden Menschen an der Spitze des größten deutschen Unternehmens warben letztlich mit einer einfachen Botschaft für einen Neuanfang: Wir haben einen schweren Fehler gemacht. Wir wollen genau wissen, wie das passieren konnte. Wir werden die Schuldigen zur Verantwortung ziehen. Wir werden alles tun, dass sich so etwas nicht wiederholen kann. Wir werden den Schaden erstatten.

Individuelles Fehlverhalten in einigen Bereichen, Schwachstellen in einigen internen Prozessen und eine Haltung in einigen Bereichen, Regelverstöße zu akzeptieren, hatte Pötsch in seinem Bericht als Ursachen genannt. Mit neuen Prozessen, aber vor allem mit einer anderen Unternehmenskultur will die Wolfsburger Spitze Wiederholungen ausschließen und Volkswagen insgesamt neu ausrichten. Neue Prozesse lassen sich installieren und überwachen, neues Denken nicht. In einem Unternehmen dieser Größe und dieser globalen Ausbreitung kostet das viele Mühen und noch mehr Zeit.

Eine Voraussetzung haben die Gremien Aufsichtsrat und Vorstand bereits geschaffen: neue Köpfe in der Führungsetage. Vom 13 Geschäftsfeldern haben sieben neue Chefs, fünf von zehn Vorständen sind neu. Müller: „Das Team steht.“
Eine neue Unternehmensstruktur mit mehr Selbstverantwortung für die Marken und die Regionen steht ebenfalls. Müller will mehr Effizienz, mehr Synergien und größere Schnelligkeit in den Entscheidungsprozessen, auch durch eine flachere Führungsstruktur. Aber Unternehmenskultur lebt in den Köpfen und entsteht nicht aus Organigrammen. Müllers Ziel vom kreativen Querdenker ohne Furcht vor denen da oben ehrt ihn. Da hat er sich viel vorgenommen, vielleicht zu viel für eine Manager-Generation. Aber einer muss anfangen. Als Auftakt eignen sich auch symbolische Schritte wie der Verzicht auf Privilegien im Management. Müller verkauft die Firmen-Düsen und fährt selbst. Immerhin ein Anfang mit Medienwirkung.

Vom aktuellen Produkt her drohen Volkswagen offenbar keine neuen Probleme. Bei intensiven Nachmessungen von „Auto Motor und Sport“ erwies sich der Golf mit Euro-6-Dieselmotor als Musterknabe in Sachen Stickoxid und jüngst ebenso bei den Verbrauchsangaben. In dieser Hinsicht scheint Vertrauen angebracht. Niemand will solch eine Blamage nach einmal erleben. Das verhindert Überheblichkeit, garantiert eine sorgfältige Aufarbeitung der Affäre und eine saubere Arbeit in der Zukunft – in des Wortes emissionstechnischer und Integritäts-bezogener Bedeutung. (ampnet/Sm)

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Hans-Dieter Pötsch (links), Matthias Müller.

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Peter Schwerdtmann

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