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Chinesen wollen Tesla herausfordern

Ein Faradayscher Käfig ist eine praktische Erfindung – vor allem bei Gewitter, denn die Blitze gleiten an der Außenhülle vorbei ins Leere. Unbeeindruckt von den Naturgewalten lassen sich die Einschläge im Inneren des Käfigs im wahrsten Wortsinn aussitzen. Offensichtlich fühlen sich die Verantwortlichen des jüngsten Mitspielers auf dem Feld der Elektromobilität, Faraday Future, in ihrer Zentrale im kalifornischen Gardena ähnlich unbeeindruckt von der Außenwelt wie der Mensch im Käfig des britischen Physikers. Fragen prallen einfach ab und bleiben unbeantwortet.

Offensichtlich arbeitet das Unternehmen schon jetzt an seiner Legende, lange bevor das erste Modell überhaupt gezeigt werden kann. Eine Milliarde Dollar (ca. 936 Millionen Euro) stehen angeblich für den Bau einer neuen Fabrik bereit, und in zwei Jahren soll dort das erste Faraday-Modell gefertigt werden. Mit dieser Investition peilt das Unternehmen, so Branchenexperten in der Tageszeitung „Los Angeles Times“, offensichtlich eine Kapazität von bis zu 200 000 Einheiten an. Zwar verspricht die Internetpräsenz eine Kontaktaufnahme, doch Antworten auf Fragen sind dabei wohl nicht vorgesehen. Die Firmenzentrale liegt im südkalifornischen Gardena zwischen einer Bank und einem Tierfriedhof. Lediglich ein kleines weißes Schild weist den Weg zu Faraday Future. Immerhin sollen bereits rund 400 Mitarbeiter in der ehemaligen Nissan-Vertriebszentrale arbeiten, um in zwei Jahren ein bewusst als Tesla-Konkurrenten konzipiertes Oberklasse-Elektromobil auf den Markt zu bringen. Auf der in dieser Woche beginnenden Los Angeles Auto Show wird das Unternehmen mit Sicherheit für viel Gesprächsstoff sorgen, auch wenn es dort gar nicht vertreten ist.

Von Tesla stammen auch die meisten leitenden Manager und Entwickler, über die Tesla-Eigner Elon Musk wenig Gutes zu sagen hat und dabei wie ein schlechter Verlierer wirkt. Auch der maßgeblich am Design des BMW i3 beteiligte Richard Kim versteckt sich irgendwo hinter der Fassade in Gardena. Lange Zeit hat Faraday Future mit der Neugier der Öffentlichkeit gespielt und alle Welt im Unklaren darüber gelassen, wer die ehrgeizigen Pläne finanziert. So ließ man bewusst Gerüchte sprießen. Tatsächlich existiert aber auch in Kalifornien ein Handelsregister, und aus den dort hinterlegten Papieren geht hervor, dass der chinesische Milliardär Jia Yueting als Eigentümer eingetragen ist. CEO des Unternehmens ist Chaoying Deng, die allerdings, so hat die „Los Angeles Times“ herausgefunden, nicht in die Tagesarbeit eingebunden ist.

Jia Yueting ist ein chinesischer Medien-Milliardär, der sein auf sieben Milliarden Dollar geschätztes Vermögen mit dem Online-Videodienst Leshi Television (LeTV) gemacht hat. Wie Tesla-Gründer Elon Musk startet er als Quereinsteiger in die Elektromobilität. Der Mann hat allerdings Größeres vor. Dem ersten Modell, das in zwei Jahren auf die Straßen rollen soll, werden, so Entwicklungschef Nick Sampson, ehemaliger Fahrwerksentwickler bei Tesla, in kurzer Abfolge und damit wesentlich schneller als bei seinem ehemaligen Arbeitgeber sieben weitere Modelle folgen.

Allerdings steht bisher noch nicht fest, wo die Fabrik für die Modellpalette entstehen soll. Aktuell werden angeblich mögliche Bauplätze in Kalifornien, Georgia, Louisiana und Nevada untersucht. Offensichtlich spielt bei der endgültigen Entscheidung auch die Höhe der Fördergelder eine entscheidende Rolle. Ebenfalls ungeklärt ist die nicht ganz unwichtige Frage, welche Energiespeicher genutzt werden sollen. Auch die Frage, ob man den europäischen Markt anvisiert, bleibt unbeantwortet. Allerdings verspricht Faraday auf seiner Internetseite, dass „wir rein elektrische Fahrzeuge auf den Markt bringen werden, die eine intelligente und nahtlose Verbindung zur Außenwelt ermöglichen werden“. Zu den Angeboten gehört unter anderem eine Art Abonnement, bei dem die Kunden je nach Bedarf einen Wagen bestellen können, der sie dann am vereinbarten Ort abholt.

Faraday Future ist nicht das einzige chinesische Investment in die US-Elektromobilität. Karma Automotive, ehemals Fisker, hat gerade eine Fabrikanlage in Moreno Valley gemietet, um dort Plug-in-Hybridmodelle herzustellen. Der Vertrag, so die „Los Angeles Times“, läuft über elf Jahre. Fisker, vor zwei Jahren in die Insolvenz gerutscht, gehört heute zum chinesischen Autoteile-Produzenten Wanxiang Group. Teile für den Elektro-Antriebsstrang und die Ladetechnik liefert, so sieht es ein vergangene Woche geschlossener Vertrag vor, BMW nach Moreno Valley. Karma betrachtet den Vertrag als „ersten Schritt, der zu einer weiteren Zusammenarbeit führen kann“.

Ende kommenden Jahres plant Karma, seine 115 000 Dollar teure Luxuslimousine auf den Markt zu rollen. Allerdings ist aktuell noch unklar, welcher Motor unter der Haube des Hybrids arbeiten wird. Fisker nutzte einen Vierzylinder von General Motors, der nicht mehr hergestellt wird. (ampnet/ww)

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