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Fahrbericht Royal Enfield Continental GT: Die Krönung der Retro-Welle

Retro-Bikes sind in. Die Royal Enfield Continetal GT eines zu nennen, grenzt allerdings schon beinahe an Blasphemie. Nein, hier steht ein echtes Classic-Bike, das frisch aus der Fabrik kommt, aber so old fashioned auftritt, wie kein zweites Modell. Längst stammen die Motorräder der einst berühmten britischen Traditionsmarke aus Indien und füllten hierzulande auch eine Zeit lang die Lücke für ein Dieselmotorrad von der Stange. Mit Einführung der Euro-3-Abgasnorm und der Zusatzbezeichnung EFI für die elektronische Benzineinspritzung ist Royal Enfield vor ein paar Jahren in der Moderne angekommen – das Styling der legendären Bullet aus den 1950er-Jahren blieb dabei aber weitgehend unangetastet. Vor zwei Jahren schickten sich die Inder nun an, der Retro-Welle die Krone aufzusetzen und präsentierten die Continental GT.

Bei ihrem Anblick verortet der Betrachter das Motorrad aus Indien mit den britischen Wurzeln zwangsläufig in die 1960er-Jahre. Der Stil ist absolut authentisch. Mit M-Lenker, Höckersitzbank (inklusive Ziernähten) und weit zurückverlegten Fußrasten ist die Continental GT ein Café Racer pur. Das recht straffe Fahrwerk steht diesem Anspruch in nichts nach und ist in Verbindung mit den Pirelli Sport Demon sowie der serienmäßigen Gabelbrücke Garant für hohe Spurtreue. Die schöne Inderin ist schmaler und fühlt sich zierlicher an als sie aussieht. Entsprechend spielerisch ist das Handling. Je enger und schmaler die Landstraße ist, desto wohler fühlt sich der Fahrer.

Eine drei Millimeter größere Bohrung verhilft der Continental zu 46 Kubikzentimetern mehr Hubraum gegenüber der Ausgangsbasis 500 Classic und Bullet 500. Das bringt zwei PS zusätzlich und drei Newtonmeter mehr Drehmoment. Aber auch mit 24 kW / 29 PS reißt die Continental natürlich keine Bäume aus. Das soll sie auch gar nicht. Sie bewahrt Bodenhaftung und will ein längst verlorengegangenes Fahrgefühl wieder erwecken. Und das tut sie mit Hingabe.

Da ist natürlich erst einmal der luftgekühlte Einzylinder im stilechten Doppelschleifenrahmen, der außer mit dem E-Starter auch noch per Kickstarter zum Leben erweckt werden kann. Er macht aus seiner Konstruktion kein Hehl: Er bollert im Leerlauf wie ein alter Traktor vor sich hin und hämmert beim Gasgeben wie ein Lanz Bulldog. Es vibriert an allen Ecken und Kanten, besonders an den ungummierten Alu-Fußrasten. Zum Glück gibt es aber Dämpfer an den Lenkerenden, die ihre Arbeit ernstnehmen. Enfield-Experten empfehlen, dort auch gleich neue Rückspiegel zu montieren, denn die Originale nehmen die Good Vibrations des 535-EFI-Motors nur allzu gerne auf.

Die Leistungsentfaltung ist homogen, der Motor sollte aber mit über 2200 Touren bei Laune gehalten werden. Kurz unterhalb von 3000 Umdrehungen in der Minute (U/min) zieht die Enfield dann noch etwas besser an. 500 Touren weiter darf getrost der Gang gewechselt werden bzw. ist im fünften und letzten Gang Tempo 100 erreicht. Gerade in diesem Bereich läuft das Triebwerk besonders „rund“. Die rote Karte zeigt der Motor dann bei 5500 U/min. Die Kupplung ist erstaunlich leichtgängig, die im wahrsten Sinne des Wortes ellenlang umgelenkte Schalthebel reagiert ebenfalls weich und präzise. Das Hochschalten könnte allerdings gerne eine Spur kürzer ausfallen. Und bei der Leerlaufsuche sollte man sich mehr auf sein Gefühl als auf die extrem blasse Leuchte im Cockpit verlassen (die Blinkerkontrollleuchte ist dagegen gut zu sehen).

Mit einem Preis von knapp 6300 Euro wendet sich Royal Enfield klar an Liebhaber. Die Summe mutet zunächst relativ hoch an. Sie erklärt sich zum Teil aber durch hochwertige Komponenten aus europäischer Produktion. Das reicht von den Pirelli-Reifen über die Brembo-Anlage vorne bis zu den Paioli-Gasdruck-Stoßdämpfern hinten.

Doch die Schönheit hat leider noch einen zweiten Preis: die Ergonomie. Nein, die gebückte Sitzhaltung am Stummellenker geht in Ordnung und belastet die Handgelenke nicht übermäßig, aber dass das Knie nicht in der extra dafür geschaffenen Ausbuchtung landet, sondern unterhalb des Tanks, und die Hacken von zwei Schutzblenden in Höhe der Schwinge auf Abstand gehalten werden, trübt die Freude ein wenig. Dass die Blinker eckig und nicht rund sind, ist hingegen Geschmackssache. Ganz der Moderne entzieht sich die zweirädrige Zeitmaschine auch bei der Instrumentierung nicht. Die beiden klassisch schlicht gehaltenen Rundinstrumente kommen nicht ohne kleines Display für die Tankanzeige und den Kilometerstand aus. Einziger echter ästhetischer Wermutstropfen bleibt der Handgriff zum Aufbocken auf der linken Seite oberhalb der Stoßdämpferaufnahme.

Fazit: Klassischer kann man aktuell nicht Motorrad fahren, es sei dann man kauft sich einen Oldtimer. Aber fabrikneu und mit Einspritzung geht das nur in Form der Continental GT. Gezeigt wird sie meist in Rot. Elegantes Schwarz steht ihr aber ebenfalls nicht schlecht und unterstreicht noch einmal zusätzlich ihre klassische Aura. Und wer es trotz aller Nostalgie auf zwei Rädern doch lieber etwas moderner und auffälliger mag, bitte sehr: Als dritte Farbe steht Gelb zur Wahl. (ampnet/jri)

Daten Royal Enfield Continental GT

Motor: 1-Zylinder-4-Takt, 535 ccm, luftgekühlt
Leistung: 21 kW / 29 PS bei 5100 U/min
Max. Drehmoment: 44 Nm bei 4000 U/min
Höchstgeschwindigkeit: ca. 135 km/h
Getriebe: fünf Gänge
Antrieb: Kette
Tankinhalt: 13,5 Liter
Sitzhöhe: 800 mm
Gewicht: 175 kg
Bereifung: 100/90 R18 (vorne), 130/70 R18 (hinten)
Preis: 6299 Euro

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