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Im Rückspiegel: Junior Hans Herrmann war der schnellste

Ein außergewöhnliches Einzelstück aus der Sammlung von Mercedes-Benz Classic geht beim Solitude Revival 2015 an den Start: der Mercedes-Benz 300 SL mit der Chassis-Endnummer 00011/53, wegen seines markanten Frontdesigns liebevoll „Hobel“ genannt. Die Veranstaltung statt. Sie feiert die frühere Rennstrecke vor den Toren Stuttgarts und die dort erzielten Motorsporterfolge.

Der legendäre Solitude-Ring war eine der bedeutenden deutschen Strecken für Auto- und Motorradwettbewerbe. Bis 1965 fanden dort Rennen statt, bis hin zu Formel-1-Läufen in den 1960er-Jahren. „Die Solitude“, wie der kurvige Berg- und Tal-Dreieckskurs nach dem unweit davon gelegenen württembergischen Schloss kurz genannt wird, hat auch für Mercedes-Benz eine starke Bedeutung: Die Marke schickte schon vor dem Zweiten Weltkrieg ihre besten Rennwagen und Fahrer auf die Strecke. 1926 hat Alfred Neubauer dort seinen ersten Auftritt als Rennleiter. Und in den 1950er-Jahren wird die „Solitude“ für Rennwagenerprobungen und die Fahrerausbildung genutzt.

„Das Solitude Revival erinnert an eine großartige Zeit des Motorsports in Stuttgart. Mercedes-Benz Classic feiert in diesem Jahr die unglaublich erfolgreiche Saison 1955 – für die der 300 SL ‚Hobel’ ein Erfolgsbaustein war“, sagt Michael Bock, Leiter von Mercedes-Benz Classic und Kundencenter. Das Revival findet vom Freitag, 17. bis Sonntag, 19. Juli 2015, statt.

Mit dem Mercedes-Benz 300 SL Rennsportwagen (W 194), der in insgesamt zehn Exemplaren gebaut wird, steigt die Marke nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1952 äußerst erfolgreich wieder in den internationalen Motorsport ein. Zu den großen Triumphen gehören Doppelsiege bei den „24 Stunden von Le Mans“ und der Carrera Panamericana. Der Vorstand beschließt, im Jahr 1953, an diese Bilanz anzuknüpfen. So fällt die Entscheidung, für die neue Motorsportsaison ein verbessertes Fahrzeug zu entwickeln.

Der Prototyp erhält die Chassis-Endnummer 00011/53 und ist im Vergleich zum ursprünglichen 300 SL Rennsportwagen in vielen Punkten optimiert. So bietet der Motor dank der neu eingebauten Benzindirekteinspritzung 158 kW / 215 PS, gut 29 kW / 40 PS mehr als die vergaserbestückte Urversion. Zudem wird das Getriebe in Transaxle-Anordnung untergebracht, erstmals eine Ein-Gelenk-Pendelachse eingesetzt, die Kühlluftführung geändert, das Fahrzeug insgesamt im Gewicht reduziert und das Fahrwerk überarbeitet.

Außerdem verringern die Entwickler die Stirnfläche. Diese geänderte Frontgestaltung bringt dem Fahrzeug den Spitznamen „Hobel“ ein. Das Fahrzeug ist Anfang 1953 fertig –und konkurrenzfähig. Doch dann beschließt das Unternehmen, ab 1954 wieder im Grand-Prix-Sport anzutreten und mit einem völlig neu zu entwickelnden Rennwagen in der Formel 1 zu starten. Diesem Ziel werden alle anderen Motorsportaktivitäten untergeordnet, so dass das geplante Rennsport-Engagement für 1953 entfällt und der „Hobel“ nie im Wettbewerb eingesetzt wird. Stattdessen liefert er für den neuen Formel-1-Rennwagen W 196 wichtige Erkenntnisse. Vor allem aber ist er aufgrund des Einspritzmotors eine wichtige Hinführung zum berühmten Seriensportwagen 300 SL „Gullwing“ (W 198), der ab 1954 gebaut wird.

12. Oktober 1953. Mercedes-Benz lässt den Solitude-Ring einen ganzen Tag für Probefahrten reservieren, auch um den Fahrern eine Trainingsmöglichkeit für die Saison 1954 zu geben. Da die Strecke auf normalen Verkehrsstraßen verläuft, übernehmen 150 Polizisten die Absperrung. Zwei 300 SL stehen zur Verfügung: ein Rennsportwagen der Saison 1952 und das Fahrzeug mit der Chassis-Endnummer 00011/53. Start und Ziel ist beim Glemseck. Rennleiter Alfred Neubauer läuft wie bei einem Rennen zur Hochform auf: Reifen, Treibstofftonnen, Signalflaggen, Zeitnahme werden aufgeboten, Mechaniker und Ingenieure sind anwesend, dazu Fotografen und Sanitäter. Eine perfekte Organisation für einen Trainingstag.

Die schnellste Runde stellt der jüngste Fahrer auf: Hans Herrmann umrundet den 11,7 Kilometer langen Kurs in 4 Minuten und 52 Sekunden und deklassiert damit deutlich arriviertere Fahrer: Karl Kling (5:17 Minuten), Hermann Lang (5:10 Minuten), Fritz Rieß (5:07 Minuten) sowie Versuchs-Chef Rudolf Uhlenhaut (5:03 Minuten).

„Überraschend wiederum war die Fahrleistung unseres Nachwuchsfahrers Hans Herrmann, der Einzige, der die Fünf-Minuten-Grenze unterschritt und den offiziellen Rundenrekord von Motorradfahrer Kavanagh schlug“, vermerkt Neubauer in seinem Bericht und sichert der Marke auch aufgrund dieser außergewöhnlichen Schnellfahrt das junge Talent für die Saison 1954. Bis heute ist Hans Herrmann den Fahrzeugen mit dem Stern eng verbunden. Als einer der Markenbotschafter von Mercedes-Benz Classic geht er immer wieder bei namhaften Veranstaltungen am Steuer historischer Rennwagen an den Start.

Mercedes-Benz Classic wird den 300 SL „Hobel“ beim Solitude Revival 2015 am Sonnabend, 18. Juli 2015, über die legendäre Strecke bewegen. Am Freitag (17. Juli) und am Sonntag (19. Juli) ist das Fahrzeug im Fahrerlager ausgestellt und kann ausführlich bewundert werden.

Das Solitude Revival wurde 2008 erstmals ausgerichtet. Drei Jahre später folgte die nächste Auflage, seither geht die Veranstaltung alle zwei Jahre an den Start – auf der Strecke, die heute noch so original wie vor 50 Jahren existiert. Einzige Zulassungsvoraussetzung für die Teilnehmer: Die Fahrzeuge müssen vor dem 31. Dezember 1975 gebaut worden sein. Das und die Anwesenheit von herausragenden Rennwagen und Rennfahrern garantieren ein außergewöhnliches rollendes Museum.

Höhepunkt ist ein Rennen über zwölf Runden und insgesamt 140 Kilometer. Ein umfangreiches Begleitprogramm macht die Veranstaltung komplett.
Der 18. Juli ist für Fans in diesem Jahr ein bedeutendes Datum, weil auf den Tag genau vor 50 Jahren der Solitude Grand Prix in die Rennsportgeschichte eingeht: Am gleichen Tag finden im Jahr 1965 sowohl Weltmeisterschaftsläufe in allen sechs Motorradklassen wie auch ein Formel-2-Rennen statt. (ampet/Sm)

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Hans Herrmann beim Grand Prix von Frankreich in Reims (1954).

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Foto: Auto-Medienportal.Net/Daimler

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Hans Hermann.

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Mercedes-Benz 300 SL mit der Chassisnummer W 194 011. Der Rennsportprototyp für die Saison 1953 kam nicht zum Einsatz.

Mercedes-Benz 300 SL mit der Chassisnummer W 194 011. Der Rennsportprototyp für die Saison 1953 kam nicht zum Einsatz.

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Mercedes-Benz 300 SL mit der Chassisnummer W 194 011. Der Rennsportprototyp für die Saison 1953 kam nicht zum Einsatz.

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Mercedes-Benz 300 SL mit der Chassisnummer W 194 011. Der Rennsportprototyp für die Saison 1953 kam nicht zum Einsatz.

Mercedes-Benz 300 SL mit der Chassisnummer W 194 011. Der Rennsportprototyp für die Saison 1953 kam nicht zum Einsatz.

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Drei Versionen des Mercedes-Benz 300 SL (v.l.): Rennsportwagen (W 194) von 1952, daneben der Rennsportprototyp (Chassisnummer W 194 011) für 1953, der nicht nicht zum Einsatz kam, und der Serienwagen (W 198) von 1954.

Drei Versionen des Mercedes-Benz 300 SL (v.l.): Rennsportwagen (W 194) von 1952, daneben der Rennsportprototyp (Chassisnummer W 194 011) für 1953, der nicht nicht zum Einsatz kam, und der Serienwagen (W 198) von 1954.

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