Peter Ramsauer, bis zum 17. Dezember 2013 Bundesverkehrsminister, hat den deutschen Autofahrern gegen Ende seiner Amtszeit einen neuen Punkte- und Bußgeldkatalog hinterlassen, der eineinhalb Wochen nach Ostern am heutigen 1. Mai in Kraft tritt und sich inzwischen als ziemlich faules Osterei erweist. Nicht nur, dass Vergehen wie beispielsweise der Gebrauch eines Mobiltelefons am Steuer oder der Verstoß gegen die Winterreifenpflicht um ein Drittel teurer (60 statt 40 Euro) und mit einem Punkt auf dem Flensburger Verkehrssünderkonto belastet werden. Darüber hinaus verdoppelt sich künftig der Preis für Fahren in einer Umweltzone ohne Plakette von 40 auf 80 Euro, bleibt aber ohne Folgen in Flensburg. Begründung: Punkte gibt es fortan nur noch für Verstöße gegen die Sicherheit im Straßenverkehr.
Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden, auch nicht dagegen, dass neuerdings der Führerschein bereits mit acht statt wie bisher mit 18 Punkten futsch ist. Doch diese deutlich niedrigere Schwelle zum Führerscheinverlust wird in den kommenden Monaten für viele Autofahrer spürbare Konsequenzen haben, weil sich die neuen Regelungen recht gravierend auswirken können. Beispiel: Verhältnismäßig leichte Verstöße wie Telefonieren am Steuer und ein um 21 km/h zu hohes Tempo ergeben nach altem wie neuem System zwei Punkte. Im alten System entsprachen die Verstöße elf Prozent der möglichen Höchstzahl von 18 Punkten, im neuen System bereits 25 Prozent ─ mehr als doppelt so viel. Der Führerscheinverlust droht damit deutlich früher. Obwohl einige Delikte wie Umweltverstöße oder Beleidigungen nicht mehr mit Punkten geahndet werden und bei Rasen oder Drängeln nur noch maximal drei statt sieben Punkten fällig werden, ist die Maximalanzahl mit der Reform erheblich schneller als zuvor erreicht.
Schwieriger geworden ist auch die Möglichkeit, durch Nachschulungen bei Fahrlehrern und Gesprächen mit Verkehrspsychologen vorhandene Punkte abzubauen, was bis zum 30. April noch verhältnismäßig einfach war und von manchen betroffenen Verkehrssündern auch eifrig genutzt wurde. Bisher konnten durch ein solches Aufbauseminar auf einen Schlag bis zu vier Punkte in der Versenkung verschwinden. Wer vor dem 30. April mit acht Punkten belastet und so schlau war, sich freiwillig noch einmal in die Fahrschule zu begeben, reduzierte so seinen Punktestand auf vier Punkte. Nach dem 1. Mai blieben wegen der Umrechnung zwei zu eins nur noch zwei Punkte übrig. Ohne Punkteabbau jedoch wären acht Punkte automatisch in vier ─ also die Hälfte der Miete bis zum Scheinverlust ─ umgerechnet worden. Jetzt aber ist es nur mehr möglich , durch ein Aufbauseminar einen einzigen Punkt innerhalb von fünf Jahren abzubauen.
Einer aktuellen Umfrage des Verbands für bürgernahe Verkehrspolitik (VFBV) in Berlin zu Folge bezweifeln 50 Prozent der Verkehrsteilnehmer deutlich, dass die Punktereform sinnvoll und im Interesse der Bürger ist. Rund 42 Prozent sehen zumindest einige Aspekte der Reform positiv, während lediglich rund acht Prozent das neue System klar befürworten. Schlimmer noch: Nur rund 14 Prozent der Befragten betrachteten sich auf die Reform als gut vorbereitet, während rund 63 Prozent noch erhebliche Lücken sahen. Rund 23 Prozent gaben sogar an, mit den Änderungen kurz vor dem 1. Mai noch nicht vertraut zu sein. (ampnet/hrr)
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