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Telematik-Tarif: Unter ständiger Beobachtung

Was bislang nur in den USA und einigen europäischen Ländern erhältlich ist, kommt nun auch in Deutschland auf den Markt: Zu Beginn des kommenden Jahres bietet die Sparkassen DirektVersicherung, kurz: S-Direkt, als erstes deutsches Assekuranz-Unternehmen einen Telematik-Tarif an, der so funktioniert: Interessenten bekommen eine Blackbox in ihr Auto eingebaut, die Geschwindigkeit, Fahrweise, Nachtfahrten sowie Stadtfahrten registriert und die Daten zusammen mit einer Gesamtbewertung des Fahrverhaltens über das O2-Handynetz an die Versicherung weiterleitet.

„Telefónica Insurance Telematics ermöglicht vollkommen neue Formen der Kfz-Versicherung durch die automatische Kommunikation von Maschine zu Maschine (M2M) im O2-Mobilfunknetz“, erklärt Fernando Burgos, Vice President New Business Development & Innovation bei Telefónica in Deutschland, dem für die Übertragung zuständigen Unternehmen. „Die Telematik-Box kann nicht nur den Notarzt bei einem schweren Unfall rufen, sie fördert auch verantwortungsvolles Verhalten im Straßenverkehr und senkt damit das Schadensrisiko für Fahrer und Versicherung.“ Zudem verrät sie bei einem Diebstahl des Autos ständig seinen Standort und hilft so der Polizei bei der Fahndung.

Nicht nur die Sparkassen DirektVersicherung, auch die Kunden haben die Möglichkeit, ihr Fahrverhalten im Internet zu überprüfen, was besonders für junge Fahrer, die sich verbessern wollen, attraktiv sein könnte. Sie bekommen einen persönlichen Geheimcode mit dessen Hilfe sie Zugang zu einer Karte erhalten, wo sie jede einzelne Fahrt nachträglich betrachten und auswerten können.

„Uns als Versicherer interessiert natürlich, wie sicher der Kunde fährt. Erreicht er einen guten Jahres-Gesamtpunktwert, erhält er als Belohnung einen Rabatt von fünf Prozent auf seine nächste Jahres-Beitragsrechnung. Liegt er unter dem Zielwert muss er natürlich nichts nachzahlen – er kann also nur gewinnen“, sagt Dr. Jürgen Cramer, Vorstandsmitglied der S-Direkt. Vorerst ist die Teilnehmerzahl an der neuen Versicherungsform auf 1000 Kunden begrenzt. Außerdem: Der beste Fahrer oder die beste Fahrerin des Monats von allen Versicherungsnehmern bekommt ein Quartal lang kostenfreien Versicherungsschutz. Mindestfahrleistung im betreffenden Monat: 500 Kilometer. Bei gleich guten Punktwerten entscheidet das Los. Ein Fahrer oder eine Fahrerin kann allerdings nicht mehrfach im Jahr kostenfreien Versicherungsschutz bekommen. „Und das alles natürlich unter strengster Einhaltung des Datenschutzes“, betont Cramer. „Unfallprävention, schnelle Unfallhilfe und Datenschutz hatten bei der Produktentwicklung oberste Priorität.“

Da ist freilich Ulrich Lepper, Landesbeauftragter für Datenschutz in Nordrhein-Westfalen ganz anderer Meinung. Auch wenn Jürgen Cramer ausdrücklich betont, dass Telefónica nur eine Kundennummer und keine konkreten Namen, Adressen oder Sonstiges erhalte, ist Lepper mehr als skeptisch. „Man kann eine ganze Menge Rückschlüsse aus solchen Daten ziehen und sie auf die betreffende Person zurückführen. Möglich wird ein genaues Bewegungsprofil, was eine völlige Öffnung der Privatsphäre bedeutet“, betont er. Gegen das von der EU-Kommission geplante e-Call-System, das in Zukunft in jedem Neuwagen eingebaut werden und bei Unfällen automatisch Hilfe rufen soll, hat Lepper nichts einzuwenden. „Da wird eine Standortinformation preis gegeben um im Notfall retten zu können, aber es wird kein Bewegungsprofil und auch kein Fahrverhalten registriert.“

Dennoch zeigen laut einer Umfrage zwei Drittel aller Autofahrer Interesse an einer auf Telematik basierender Versicherung, wenn dadurch die Prämie spürbar sinken würde. Das allerdings ist beim Telematik-Tarif der Sparkassen DirektVersicherung kaum der Fall, wie der Westdeutsche Rundfunk in Köln vorrechnete. Der nach vorbildlicher Fahrweise im folgenden Jahr günstigstenfalls fünf Prozent niedrigere Tarif wird durch die Miete der Blackbox in Höhe von 71,40 Euro in den meisten Fällen aufgefressen. (ampnet/hrr)

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