Glosse: Die Krux mit den Stundenkilometern

Dass der Herr mit seiner Impotenz prahlt oder die Dame stolz erwähnt, sie leide unter Inkontinenz, habe ich beim Smalltalk in fröhlicher Runde noch nie vernommen. Eine andere Schwäche dagegen betrachten die meisten Leute als durchaus gesellschaftfähig: "In Mathematik hatte ich öfters eine Fünf, das war nicht mein Ding." Dieses Geständnis ist seit vielen Jahren in. Manch einer und noch öfter manch eine ist sogar noch darauf stolz, was ja im Grunde genommen nichts anderes heißt als "Mit logischem Denken war es bei mir noch nie besonders weit her."

Seien wir nicht so streng. Doch zumindest die Beherrschung der vier Grundrechenarten sollten im Gegensatz zur Differential- und Integralrechnung, Funktionentheorie oder Vektoranalysis zur Allgemeinbildung zählen. Erinnern wir uns: Wir sprechen von der Addition, der Subtraktion, der Multiplikation und der Division. Konzentrieren wir uns einmal auf die Division. Schon die alten Griechen wussten: Der Dividend geteilt durch den Divisor ergibt den Quotient. Und wer Dividend und Divisor vertauscht, erhält Blödsinn.

Womit wir bei den Stundenkilometern wären. Dieser Begriff steht zwar im Duden, doch die Päpste der deutschen Rechtschreibung schränken ein, dass er ausschließlich umgangssprachlich zu verwenden sei und nicht anders. Genau genommen nämlich drücken 200 Stundenkilometer auf der Autobahn aus, dass ein Fahrzeug für eine Strecke von 1000 Metern 200 Stunden gebraucht habe. Hä?

Kein Mensch weiß, warum sich die Stundenkilometer so hartnäckig eingebürgert haben. Sogar bei den Radio- und Fernsehnachrichten, die sich eigentlich durch den sorgsamen Umgang mit der deutschen Sprache auszeichnen sollten, sind sie gang und gäbe. Wieso eigentlich? Beim Strom reden wir ja auch nicht von den Stundenkilowatt, die wir verbraucht haben.
Besinnen wir uns darauf, was wir sagen wollen: Kilometer pro Stunde oder km/h. Nur Sportwagenfahrer dürfen das Tempo ihres Autos gegenständlich ausdrücken: "Meiner macht mindestens 250 Sachen." (ampnet/hrr)