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Kommentar: Vorsicht, Falle!

Schon wieder diskutieren Berufene und Unberufene den Kraftstoffverbrauch unserer Autos. Dieses Mal sind die Verbrauchsangaben der Hersteller Ziel von Attacken. Es ist noch gar nicht so lange her, da entschied ein Gericht, man könne ein Auto wandeln, wenn der Benzinverbrauch mehr als zehn Prozent höher liege als die Herstellerangabe. Und nun schlagen die Deutsche Umwelthilfe (DUH) in trauter Gemeinsamkeit mit dem größten deutschen Automobilclub in dieselbe Kerbe – auf die europäische Verbrauchsnorm.

Ein Gericht muss nicht mit Sachwissen aufwarten. Es kann sich auf die nächste Instanz verlassen. Die DUH hat sich noch nie um ein komplettes Bild des Themas gekümmert und stattdessen stets ein zielgerichtet einseitiges präsentiert. Aber der ADAC hätte es besser wissen müssen. Denn der Vorwurf der nicht zutreffenden Verbrauchsangaben trifft nicht die Hersteller, sondern die EU-Bürokratie. Die haben den sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) definiert, nach dem sich alle Hersteller zu richten haben.

Um bei den 1180 Sekunden dauernden Test mit einem Fahrprofil, das mit dem kalten Motor beginnt, um nach einigen vorgeschriebenen Tempowechseln bei einer relativ niedrigen Geschwindigkeit zu enden, werden bei den „Fahrten“ auf dem Prüfstand alle erlaubten Register gezogen. So bleibt auch die Klimaanlage ausgeschaltet. Manche nehmen sogar einen Mehrverbrauch im täglichen Betrieb hin, nur um beim NEFZ gut auszusehen.

Das mag man anprangern. Und dennoch erfüllt der Test seinen Zweck. Alle verwenden dieselben legalen oder legitimen Tricks, so dass die Werte tatsächlich einen Vergleich erlauben. Das ist wie bei einem Auto-Vergleichstest. Da treten die Kandidaten auch nicht ohne ausführliche Qualitätskontrolle und Feinarbeit gegen einander an. Und dennoch ist das Ergebnis vergleichbar, weil alle polieren.

Der Druck, zu realistischeren Verbrauchswerten zu kommen, geht also nicht an die Industrie, sondern an den, der die Regeln setzt: an die europäische Bürokratie. Sie muss endlich vorankommen bei ihrem Bemühen um eine Norm, die Alltagsbedingungen treffender wiedergibt und so zu realistischeren Vergleichswerten kommt. Sollte das eines nicht allzu fernen Tages gelingen, wäre das im Sinne des Verbrauchers. Aber auch dann wäre das Zehn-Prozent-Urteil ungerechtfertigt; denn der Verbrauch hängt bis zu 30 Prozent vom Fahrer ab. Und den kann die Industrie nicht wandeln.

Aber freuen wir uns nicht zu früh. In manchen Regionen entscheiden der NEFZ-Wert für den Durchschnitt oder die umgerechnete Menge von Kohlendioxid pro Kilometer darüber, ob man in diese Zone einfahren kann oder nicht. Auch die Höhe der Steuer hängt in vielen Staaten am NEFZ-Wert. Wenn dieser Wert wegen realistischerer Testbedingungen steigt, wächst auch das Risiko, ausgesperrt zu bleiben und mit einer erhöhten Steuer leben zu müssen. Oder hat schon mal jemand etwas davon gehört, dass eine Steuer wirklich „aufkommensneutral“ umgestellt worden ist? (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann

Peter Schwerdtmann

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