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Kommentar: Autonom den Datenschutz überollen

Ein Blick auf die Themen der Referate beim 15. Technischen Kongress des Verbands der Automobilindustrie (VDA) zeigt gehörige Unterschiede zu den 14 Vorgängerkongressen. Am Donnerstag und Freitag (21. u. 22.2.2013) geht es in der BMW-Welt in München dieses Jahr auch um mehr Leistung, weniger Verbrauch und weniger Abgas. Doch zum ersten Mal stehen die Möglichkeiten der Elektronik und Vernetzung für Komfort, Sicherheit und Verkehrsoptimierung im Vordergrund. Dabei fehlen den Auto-Experten noch die Positionen zu den beiden Aspekten Datenschutz und Datensicherheit.

Die Neuheiten dieses Jahres und die bekannten Entwicklungsprogramme zeigen, dass sich das so genannte teilautonome Fahren nicht mehr aufhalten lässt. Es soll den Komfort und gleichzeitig die Sicherheit fördern, wenn das Auto zum Beispiel den Verkehr vorn und hinten „im Blick“ hat, selbsttätig die Fahrspur hält, nach allen Seiten den Verkehr beobachtet und zu allem Abstand hält. Natürlich reichen die Vorstellungen der Entwickler darüber schon weit hinaus – bis zum komplett autonomen Fahren, weil das die Unfallursache Mensch ausschaltet.

Autonomes Fahren setzt die komplette Vernetzung von allen Verkehrsteilnehmern, der Straße und den Verkehrsleitzentralen und möglicherweise auch anderer staatlicher Stellen voraus. Letztlich wird die so genannte Infrastruktur eine Standleitung in jedes Auto haben wollen, um in Hinblick auf ökologische Verkehrssteuerung und Sicherheit jederzeit handeln zu können. Das gilt sowohl für die Warnung vor Glatteis hinter der nächsten Kurve, aber auch für notwendige Aktualisierungen der Software im Auto und für alle Modelle der modularen Mobilität, bei denen Verkehrsträger vernetzt werden.

In München beim VDA-Kongress werden wir lernen, was die Technik alles schon bald ermöglichen wird. Doch der Weg in die schöne neue Welt der Zukunft beginnt mit der längst bekannten Frage nach der informationellen Selbstbestimmung des Autofahrers: Wem gehören die Daten, die das Auto generiert? Und wie sicher sind sie vor unbefugtem oder ungewolltem Zugriff? Heute schon streiten sich Automobilhersteller, Rettungs- und Bergungsunternehmen, Versicherungen, Polizei, Automobilclubs und viele andere über die Frage, wie mit den Daten beim E-Call-System umgegangen werden muss, dem Notrufsystem, das bis 2014 in alle neu zugelassenen Autos eingebaut sein muss.

Datenschutz, Datensicherheit und das Wettbewerbsrecht bewegen die Brüsseler und viele Lobbys. Viel Zeit bleibt ihnen nicht, für das E-Call-System nicht und erst recht nicht für die große Vernetzung, von der im März in München die Rede sein wird.

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Vielleicht sollte man einem solchen Treffen der Spitzentechniker der Automobilindustrie auch noch Anregungen zum Umgang mit der Sprache oder Hinweise, wie man allzu kreative Marketingexperten in ihren Reihen einbremst. Es entstehen im Lauf der Entwicklung neuer Systeme immer mehr Wortungetüme oder Sprach-Vergewaltigungen wie „interactiVe“, „HAVE-IT“ oder „eCoMove“ – um nur die weniger schlimmen anzuführen. Wenn solche Verballhornungen der Sprachen erst einmal Eingang in einen Vortrag gefunden haben, sind sie meist nicht mehr zu stoppen. Mag sein, dass ihre Urheber stolz darauf sind. Wir sind’s nicht. (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann

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