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Kommentar: Glauben heißt nicht wissen

Die Umweltzonen sind zu einer Glaubenssache geworden, zu einem nicht mehr zu diskutierendem Dogma. Wer dennoch – insgeheim oder offen – Zweifel an ihrer Wirksamkeit hegt, wird zum Ketzer. Ihnen rücken die Gläubigen mit religiös anmutendem Eifer auf die Pelle. Die Ungläubigen sehen sich Fundamentalisten gegenüber, die nichts akzeptieren als ihren Glauben. Ein Dogma ist ein Dogma und muss eben nicht bewiesen werden.

Doch es ist eben keine Glaubensfrage, sondern die Frage nach den Fakten und der Verhältnismäßigkeit. Hatte nicht selbst das Umweltbundesamt festgestellt, dass ein Effekt der Umweltzonen so gering ist, dass er im Schwanken der Witterung untergeht? Hatte nicht auch das hannoversche Verwaltungsgericht in seinem Umweltzonen-Urteil festgestellt, dass die Umweltzone beim Feinstaub keine nennenswerte Verbesserung zu erwarten sein? Hatte nicht Amsterdam aus denselben Gründen seinen Plan für eine Umweltzone fallen lassen?

Zum 1. Januar lassen die Berliner und die Hannoveraner nur noch Fahrzeuge mit grünen Plaketten in die Innenstadt. Die anderen müssen draußenbleiben, für ihre alten Autos Geld in die Umrüstung investieren oder damit leben, dass ihr alter auf einmal rund 2000 Euro weniger wert ist. Der ADAC nennt das „unverhältnismäßige Eingriffe in die Mobilität der Bevölkerung, teilweise mit dramatischen finanziellen, an Enteignung grenzenden Folgen“. Leider hat er damit Recht und unsere Innenstädte bleiben den besser Verdienenden vorbehalten.

Der ADAC weist auf ein bemerkenswertes Ungleichgewicht hin. Die Vorschriften für die Immissionen wurden viel schneller verschärft als die für die Emissionen. Autos, deren Motoren und Abgassysteme eben noch als sauber und modern galten und die vor wenigen Jahren noch steuerlich gefördert wurden, gelten plötzlich als Stinker, die nicht mehr in die Städte fahren dürfen. Stadtverwaltungen hebelten Bundesgesetze und EU-Regelungen mit Hilfe von EU-Regelungen aus einer anderen Brüsseler Amtsstube aus.

Doch hilft alles Argumentieren nichts. Im Januar werden noch einmal sechs Städte ihren Innenstadtbereich sperren, merkwürdigerweise fünf von ihnen Universitätsstädte. Es spricht nicht gerade für die wissenschaftlich-intellektuellen Fähigkeiten unseres akademischen Nachwuchses und seiner Professoren, wenn sie sich einem Dogma unterwerfen, ohne bei der Politik den Nachweis eines positiven Effekts einzufordern.

Glauben heißt nicht wissen, sagt der Volksmund. Unsere Politiker glauben, in der einen Fraktion so, in der anderen anders. Die Mehrheitsfraktionen glauben, dass ihre Wähler die Umweltzone nicht als kostenträchtigen, verwaltungsintensiven, wenig Effekt bringenden Aktionismus entlarven können. Vermutlich werden sie mit dieser Einschätzung Recht behalten; denn die Umweltzone bringt zwar nur äußerst wenig, aber sie setzt so ein schönes Ausrufezeichen für den Umweltschutz und gegen das Auto.

Daran würde vermutlich nicht einmal die auf der Tagesordnung der Koalition stehende Überprüfung etwas ändern. Oder kann sich jemand vorstellen, dass Politiker einen Irrtum eingestehen. Gut - die Abgassonderuntersuchung (ASU) hat man jetzt gestrichen, nachdem sie schon vor Jahrzehnten in die normale Hauptuntersuchung nach§ 29 StVZO hätte aufgenommen werden können. Wahrscheinlich wird es uns eines Tages mit der Umweltzone ähnlich ergehen. (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann

Peter Schwerdtmann

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