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50 Jahre Formel V: Mit der Achse vom Schrottplatz aufs Podium

Daytona. Man nehme einen runden Geburtstag, dazu eine traditionsreiche Rennstrecke, garniere das mit reichlich Sonnenschein und vermische das Ganze mit einer gepfefferten Prise historischen Motorsports: Damit war das luftgekühlte Fahrerlebnis vor mehr als 70 000 Automobilsportfans angerichtet. Was klingt, wie ein kulinarischer Mix aus Benzin, Ölduft und Emotionen wurde am vergangenen Wochenende Realität.

In Daytona donnern ein Mal jährlich die PS-Boliden der US-amerikanischen Nascar-Serie um das 1959 gebaute Oval. Die „Daytona 500“ sind, ähnlich wie der Superbowl, ein mediales Großereignis im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Doch dieses traditionsreiche Rennen wird erst in vier Wochen ausgetragen. Nun waren es die 24 Stunden von Daytona, die dem historischen Auftritt der Formel-V den passenden Rahmen gaben. Denn in Daytona wurde vor 50 Jahren das erste Rennen der von Volkswagen-Motoren angetriebenen Formel-V-Autos ausgetragen.

Anlässlich dieses Geburtstages kehrten rund 20 historische Formel-V-Flitzer nach Daytona zurück, um vor tausenden Rennsportfans eine Ehrenrunde auf dem 2,5 Meilen langen Oval-Kurs zu drehen. In den Cockpits saßen die einstigen Helden und Haudegen der Motorsportszene. Volkswagen Motorsport brachte sie wieder zusammen: Hans Stuck, Michel Andretti, Hurley Haywood, Rallye-Weltmeister Markku Alen, Prinz Leopold von Bayern, Klaus Niedzwiedz: Ein wahres Klassentreffen. Und wir waren mittendrin statt nur dabei.

Schon das Reinsetzen in einen Formel-V-Renner ist eine knifflige Angelegenheit. Jedenfalls wenn man über 1,90 Meter groß ist. Eng wie eine Badewanne, sind diese Monoposto für lange Menschen nicht gebaut worden. Doch mit entsprechender Sitzeinstellung fühlt man sich nicht ganz wie in einer Sardinenbüchse eingepfercht.

Gemessen an heutigen Standards in modernen Rennwagen mutet solch ein Bolide aus dem Jahr 1971 etwas karg an. Ein Drehzahlmesser hinter dem kleinen Rennlenkrad und ein Startknopf – das war es mit dem Armaturenbrett. Links auf Armhöhe der Hauptschalter für die Batterie. Rechts der Schalthebel für das Vierganggetriebe. Beidseitig auf Kniehöhe sitzt der Benzintank. Erst später wurden die Tanks im Rennsport von den Seiten nach hinten verlagert. Unglaublich, wie verwegen in jenen Tagen der 1960er und 1970er Motorsport betrieben wurde.

Dann den Körper in die optimale Position rücken, Lenkrad auf die Lenksäule stecken, Gurte straff ziehen und Startknopf drücken. Der luftgekühlte Boxermotor bollert. Die zierliche dicht beieinander liegende Pedalerie im Fußraum verlangt reinste Fußakrobatik. Doch dafür ist es eine große Freude, das Ex-Auto von Formel-1-Legende Emerson Fittipaldi durch die Steilkurven des Daytona-Ovals zu hetzen.

„Gib ihm schön die Sporen. Das Auto braucht das“, gibt Franz Kapeller mit auf den Weg. Er ist der Besitzer des gelben Renners und verspricht grenzenlosen Fahrspaß, kurzbevor es auf die Piste geht. Er sollte Recht behalten. Endlich ist die rote Ampel über der Start-Ziellinie aus. Das Gaspedal voll durchtreten. Die Nadel des Drehzahlmessers schnellt abrupt auf 5000 Touren. Die 70 PS und lediglich 350 Kilogramm sorgen für einen spritzigen Vortrieb. Die kurzen Schaltwege begünstigen schnelle Gangwechsel mit der H-Schaltung bis hoch in die „vierte Welle“.

160 km/h sind mit dem 1,6-Liter-Motor problemlos möglich. Genau das richtige Tempo für die Steilkurven des Daytona-Speedway. Der Fahrtwind fordert die Nackenmuskulatur heraus, denn eine Windschutzscheibe gibt es nicht. Vorn im Feld heizen die Formel-V-Recken wie in alten Tagen über den Asphalt. „Das war eine heiße Zeit damals“ erinnert sich Klaus Niedzwiedz und erzählt die Anekdote, wie er nach einem Trainingsunfall auf dem Nürburgring in kürzester Zeit seinen Formel-V repariert hat: „Wir sind nach Köln auf einen Schrottplatz gefahren und haben die benötigten Bauteile einfach von einem kaputten Käfer abgeschraubt, um sie für unseren Renner zu verwenden. So konnten wir unter anderem eine komplette Achse erneuern. Am Renntag bin ich dann aufs Podium gefahren.“

Die schiere Einfachheit dieser Autos, machte die Formel-V zu etwas Einzigartigem. Doch nicht nur Klaus Niedzwiedz legte mit der luftgekühlten Rennserie den Grundstein für eine erfolgreiche Motorsportkarriere. Auch Prinz Leopold von Bayern machte seine ersten „Geh“-Versuche mit einem Formel Super-V. Hans-Joachim Stuck hingegen fuhr nur ein Rennen mit den VW-Flitzern jener Zeit. „Aber ich kam nicht bis ins Ziel“, schmunzelt er und erinnert sich an seinen Unfall in der ersten Runde. „Da habe ich das dann gleich sein gelassen und bin nie wieder Formel-V gefahren. Aber hier in Daytona war es schon ein ganz besonderes und schönes Erlebnis diesen alten Rennwagen zu bewegen“, resümiert der Tourenwagenkönig, für den die Nordschleife übrigens so etwas wie sein Wohnzimmer ist.

Die Ehrenrunde mit den Formel-V-Flitzern in Daytona war für alle Haudegen ein besonderes Erlebnis und eine schöne Zeitreise in die Anfangstage ihrer großen Motorsportkarrieren. In die Zeiten jener Epoche, die Chronisten heute die heroische nennen. (ampnet/tw)

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50 Jahre Formel V in Daytona.

50 Jahre Formel V in Daytona.

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50 Jahre Formel V in Dayton - Die alten Recken der Formel V : Markku Alen, Ari Luyendyk, Mika Arianien, Michael Andretti (schwarzes Shirt), Hans-Joachim Stuck, Prinz Leopold von Bayern und Klaus Niedzwiedz (von links).

50 Jahre Formel V in Dayton - Die alten Recken der Formel V : Markku Alen, Ari Luyendyk, Mika Arianien, Michael Andretti (schwarzes Shirt), Hans-Joachim Stuck, Prinz Leopold von Bayern und Klaus Niedzwiedz (von links).

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50 Jahre Formel V in Daytona.

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50 Jahre Formel V in Daytona.

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50 Jahre Formel V in Daytona: Klaus Niedzwiedz.

50 Jahre Formel V in Daytona: Klaus Niedzwiedz.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Westermann

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50 Jahre Formel V in Daytona.

50 Jahre Formel V in Daytona.

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50 Jahre Formel V in Daytona: Probesitzen.

50 Jahre Formel V in Daytona: Probesitzen.

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50 Jahre Formel V in Daytona: Probesitzen.

50 Jahre Formel V in Daytona: Probesitzen.

Foto: Auto-Medienportal.Net/Volkswagen

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50 Jahre Formel V in Daytona.

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Foto: Auto-Medienportal.Net/Westermann

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50 Jahre Formel V in Daytona.

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50 Jahre Formel V in Daytona.

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