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Kommentar: Kontrolle über Normen

Brüssel unternimmt gern etwas zur Harmonisierung des Umweltschutzes und zum Schutz der EU-Bürger. Das zeigt auch wieder am Bericht der Cars-21-Gruppe, der heute von Industriekommissar Antonio Tajani und dem Präsidenten der Europäischen Automobilindustrie (ACEA), Fiat-Chef Sergion Morchionne, präsentiert wurde. Die gemeinsame Strategie soll die Wettbewerbsfähigkeit der Europäer stärken, auch mit neuen Regeln für die Ermittlung des Kraftstoffverbrauchs und der Lärmemission von Fahrzeugen.

Die eine Initiative soll der Umwelt dienen, die zweite der Gesundheit – beides ehrenwerte Vorhaben, wenn nicht die Erfahrung lehrte, dass sich dahinter immer auch ein Stück Industriepolitik verbergen kann, wie die Vergangenheit zeigt.

Es ist wahr: Die heutige Art, den Kraftstoffverbrauch zu messen, hat nicht viel mit der Praxis zu tun. Im Alltag liegen die Werte höher. Das ist ein Ergebnis der bestehenden EU-Norm, nach der die Verbräuche gemessen werden. Das der Messung zugrunde liegende Fahrprofil hat wenig mit der Realität zu tun. So kommt es, dass der Normwert keine Auskunft über den realistischen Verbrauch gibt und nur als Vergleich zu anderen Normwerten taugt.

Das wird sich auch mit einer neuen Norm nicht ändern. Die Industrie wird sich auch darauf einstellen und ihre Fahrzeuge auf die neue Norm hin abstimmen. Es wird also wieder nicht mehr herauskommen als eine neue Basis für den Vergleich von Fahrzeugen untereinander. Doch im Hintergrund lauert ein Problem für die deutschen Hersteller, die nun einmal ihr Geld weniger mit Kleinwagen als mit Limousinen und Personenwagen größerer und schnellerer Art verdienen. Der Grenzwert für den Flottenverbrauch und damit für die maximale Emission von Kohlendioxid wird davon nicht berührt werden. Der steht fest mit 130 Gramm CO2 pro Kilometer. Für die deutschen Hersteller würde es schwieriger, diesen Wert einzuhalten, und die Italiener, aber auch die Franzosen stehen im Verbrauchs-Wettbewerb besser da.

Ähnliches muss man zu neuen Lärmvorschriften anmerken. Zum Verkehrslärm auf den Straßen gehören zwei: das Auto und die Straße. Die Reifenindustrie hat seit Jahren an diesem Problem gearbeitet. Sie ist darauf vorbereitet, die sowieso schon geplante Lärmvorschrift ab 1. November dieses Jahres einzuhalten. Das kann man von der öffentlichen Hand und ihren Straßen nicht sagen. Die mit leisen Belägen auszustatten, kostet Geld, das zurzeit nicht vorhanden ist. Da soll besser die Industrie und damit der Autokäufer in die Pflicht genommen und zur Kasse gebeten werden.

Seit Jahren kooperieren die Auto- und Reifenhersteller mit den Herstellern von Fahrbahnbelägen mit dem Ziel, ein leiseres Miteinander anbieten zu können, auch wenn der Straßenbau nicht zu deren Pflichten gehört. Da zeigt man mit dem Finger lieber vorwurfsvoll auf die Sportwagen, bei denen das Röhren zum Fahrerlebnis zählt. Nun stellen die sicher kein Massenproblem dar, sondern die Ausnahme. Außerdem ist es auch denen bisher gelungen, die Normen so zu erfüllen, dass sie zugelassen werden können. Daran wird vermutlich auch eine neue Vorschrift nur wenig ändern. Auch Sportwagenhersteller werden sie erfüllen, wenn’s sein muss, durch ein Verlegen des Motorgeräuschs in den Innenraum, wie wir es heute schon erleben.

So darf man auch hinter neuen Lärmvorschriften eine gehörige Portion Aktionismus vermuten. Dem Bürger wird das nicht helfen, solange nicht die Straßenbauer ihre Pflicht erfüllen. (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann

Peter Schwerdtmann

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