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Zetsche: Treibstoff der Zukunft ist Software

Für Dieter Zetsche, dem Vorstandsvorsitzenden der Daimler AG und der Mercedes-Benz AG, stehen die sauberen Antriebstechnologien im Fokus. Er ist sicher: „Das elektrische Fahren kommt.“ Aber das sei eher ein Dauerlauf als ein Sprint, schränkt er bei seiner Rede vor dem 14. Technischen Kongress des Verbands der Automobilindustrie ein. Es werden noch Jahre vergehen, bevor man Elektroautos in großer Zahl auf den Straßen sehen wird, doch „während die E-Mobilität nur langsam Fahrt aufnimmt, ist eine andere Revolution bereits mitten im Gange: die digitale Revolution“.

Immer mehr Menschen haben Zugang zur digitalen Welt. Gleichzeitig verbringen sie mehr Zeit im Auto, im Schnitt fast eine Stunde pro Tag, referiert Zetsche. Es stecke daher ein großes Potenzial in der Verbindung von Mobilität und mobilem Netzzugang. „Ein wichtiger Treibstoff der Zukunft ist Software.“

Der Einsatz digitaler Technik im Auto werde echten Mehrwert liefern, weiß Zetsche. Heute schon verbinden die Menschen mit der digitalen Technik das Infotainment in Verbindung mit dem Smartphone. „Sie können ihr Fahrzeug auf unübersichtlichen Parkplätzen finden und über große Entfernungen verschließen. Wenn Sie es zu spät verschlossen haben, können Sie das Auto nach einem Diebstahl auch orten.“ Doch ein Kernproblem seien die unterschiedlichen Produkt- und Entwicklungszyklen in Auto- und IT-Industrie. „Während ein neues Auto einige Jahrzehnte hält, ist in der Unterhaltungselektronik ein zwölf Monate altes Produkt fast schon Elektroschrott.“

„Es gibt einen weiteren Unterschied zwischen Auto- und IT-Industrie: Im Silicon Valley wirft man Produkte regelmäßig als Beta-Versionen auf den Markt und verbessert sie dann schrittweise auf der Basis von Kunden-Feedback. Wir können uns keinen Beta-Test beim Kunden leisten: Ein neues Automodell muss fertig entwickelt sein, wenn es vorgestellt wird“, stellt Dieter Zetsche fest. Das führe dazu, dass Kunden sogar in einem neuen Auto relativ schnell auf einem veralteten Infotainment-System sitzen.

Eine Lösung für dieses Problem sieht Zetsche in der „Cloud“: Alle Dienste und Anwendungen werden über das Internet ständig und automatisch aktualisiert. „Man muss wegen eines Software-Updates nicht mehr zum Händler fahren.“ Man bringe sein Smartphone ja auch nicht zum Handy-Laden, um eine neue App herunterzuladen. „Damit auch die Hardware up-to-date bleibt, sorgen wir dafür, dass der Kunde die Technik, die er mitbringt, im Auto nutzen kann.“ Der Kunde habe spätestens alle zwei Jahre ein neues Smartphone. „Das wollen wir nahtlos integrieren.“

Kann man damit Geld verdienen? Zetsches Antwort lautet: „Mit Autos, die die Smartphones der Kunden nicht integrieren, kann man bald gar kein Geld mehr verdienen, vor allem bei jungen Kunden.“ Denn Studien zeigten: Egal ob in Europa, Amerika oder Asien – überall bestehe ein hohes und wachsendes Interesse an vernetzten Fahrzeugen, insbesondere im Premium-Segment. „Deswegen gehen wir diesen Weg konsequent. So wie in der neuen A-Klasse. Sie ist das erste Modell, in dessen Infotainment-System sich das iPhone vollständig integrieren lässt. Die dazugehörige Mercedes-Benz-App erlaubt es, 3-D-Navigation, Webradio oder Wetter- und Nachrichtenportale über den Controller in der Mittelarmlehne zu bedienen. Das Ganze funktioniert ohne teure Hardware und ohne Informatik-Studium.“

„Manch einer denkt sich vielleicht: Das sind ja alles ganz nette Spielereien“, sinniert Zetsche. Aber sollte sich der Autofahrer nicht auf das Autofahren konzentrieren? „Ja, absolut richtig. Der Blick gehört auf die Straße“, stellt der Daimler-Chef klar. „Aber gerade deshalb besteht die Aufgabe darin, die Konnektivität im Auto sicher zu machen statt zu verbieten. Und da leistet eine Sprachsteuerung einen Beitrag.“

Auch für das Verkehrsmanagement sieht Zetsche große Möglichkeiten der digitalen Technik. Hier biete das vernetzte Fahrzeug einen echten Mehrwert. Der weltweite Automobilbestand liege heute bei mehr als einer Milliarde. Bis 2050 könnten es bis zu vier Milliarden werden, prognostiziert Zetsche. „Wir brauchen also dringend neue Ideen für ein effizientes Verkehrsmanagement.“ Eine verlässliche Alternative sei „car-to-x-Kommunikation“. Indem man die GPS-Daten der Fahrzeuge nutze, werden potenzielle Staus, aber auch Gefahrenstellen in Echtzeit erkannt – und nicht erst, wenn man steht.

Der wichtigste Baustein für nachhaltige Automobilität bleibt aber für Dieter Zetsche die Elektromobilität. Auch hier könne die Vernetzung einen wichtigen Beitrag leisten. Laut einer Umfrage seien 41 Prozent der Deutschen bereit, in Zukunft ein Elektroauto zu kaufen, wenn vor allem ein Problem gelöst wird: die Infrastruktur. Die batterie-elektrischen Fahrzeuge mit ihrer eher geringen Reichweite seien auf ein cleveres Energiemanagement angewiesen. „Hier kommt die Konnektivität ins Spiel“, weiß Zetsche. „ Ein Computer überprüft den Batteriestatus ihres Elektroautos online. Das Navi lotst Sie zur nächsten Steckdose, über das Smartphone wird der Ladevorgang gesteuert und die Bezahlung abgewickelt.“ Dabei löse Konnektivität weder das Infrastrukturproblem noch die Frage der begrenzten Reichweite von Elektroautos. „Aber wir können sie nutzen, um den Kunden die Angst zu nehmen, dass sie unterwegs mit leerer Batterie liegen bleiben.“

Neue Mobilitätskonzepte brauchen ebenfalls das Internet. Für Angebote wie das Car-Sharing-Programm Car2go weist das Smartphone weist den Weg zum nächsten freien Auto und wickelt auch die Buchung ab. „Inzwischen haben wir mehr als 70 000 Car2go-Kunden in Städten wie Austin, San Diego, Vancouver oder Amsterdam, und dieses Jahr kommen zwölf Städte dazu. In Hamburg sind es rund 10 000 Vermietungen jede Woche.“

Für Dieter Zetsche ist das Car2go-Projekt ein Beweis. „Uns geht’s ums Ganze. Wir werden vom Automobilproduzent zum Anbieter von Automobilität.“ Konnektivität sei für solche modernen Mobilitätskonzepte nicht nur hilfreich, sondern ein wesentlicher Teil dieser Konzepte. (ampnet/Sm)

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