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Fulda Challenge 2012: Ausdauer und Augenmaß bei eisiger Kälte

Das Thermometer zeigt minus 45 Grad Celsius an. Auf dem Weg nach Dawson City ist die Notlandebahn an der Braeburn-Lodge-Kulisse des fünften Wettkampfes der Fulda Challenge in Kanada. Beim Ski Jöring kam es vor allen Dingen auf Koordination der Teampartner an. Wie beim Wasserski hängt das eine Teammitglied hinter einem Geländewagen und muss auf Skiern einen Pylonenkurs abfahren, während der andere Partner fährt. Angesichts des scharfen Fahrtwindes – dem so genannten Windchill – bei rund 100 km/h wird die Haut der Athleten von rund minus 70 Grad Celsius angegriffen.

„Das schmerzt ganz schön und ist bei diesem Event das Hauptproblem“, erläutert Lina van de Mars nach ihrem Durchgang knapp. Für Christine Theiss hätte es dagegen noch etwas schneller zugehen können: „Ein geniales Erlebnis. Das hat richtig Spaß gemacht“, zeigt sich die Kickbox-Weltmeisterin hinterher begeistert von dieser Disziplin.

In Dawson City herrschen dann rund 50 Grad unter dem Gefrierpunkt. Der Goldrush-Run führt als sechstes Event der Fulda Challenge auch an der Hütte von Schriftsteller Jack Londons vorbei. Inspiriert vom Geist der Abenteuergeschichten brillieren Katja Beer bei den Damen und Alexander Lang bei den Herren bei dem 7,5 Kilometer langen Lauf-Event. Sie verwiesen Berit Diel und Chantal Mackenzie beziehungsweise Angelo Brack und Martin Zach aus Österreich auf die Plätze. Die Mannschaftswertung des Goldrush-Run sichern sich damit Berit Diel und Alexander Lang.

„Mit dem Goldrush-Run geht ein sehr ereignisreicher und beeindruckender Tag zu Ende. Ich bin ganz schön fertig, aber die Stimmung ist gut“, freut sich Christine Theiss über den Teamgeist der 14 Athleten. Wettkampfleiter Hans-Joachim Stuck lobt: „Dieses Jahr sind die Bedingungen für die Athleten besonders hart. Bei solch harten Witterungsbedingungen derartige Höchstleistungen abzuliefern ringt mir Respekt ab.“

Die raue Wildnis des kanadischen Yukon-Territoriums hält für die Teilnehmer der Fulda Challenge aber auch filigrane Eindrücke bereit. Feine Eiskristalle zieren die dünnen Äste der blattlosen Bäume entlang der endlos erscheinenden geraden Highways. Abseits der Hauptverkehrsadern schlängeln sich zugeschneite Schotterpisten und Waldwege in die Hügel rund um Dawson City. Hier wirken die stillen verträumten Wälder mit ihrer weißen Pracht wie eine Märchenszenerie. Doch der raue Wettkampfalltag läßt für die Athelten nur wenig Zeit zum Träumen.

Beim automobilen Geschicklichkeitsparcours steht das Wettkampffahrzeug der Athleten im Mittelpunkt. Im Kia Sportage muss ein schwieriger Offroad-Kurs absolviert werden. Hierbei kommt es nicht auf die gefahrene Zeit an, sondern auf absolute Lenkradkontrolle, um das SUV auf rumpeligem Terrain bei Glatteis auf den Millimeter genau durch abgesteckte Tore zu bugsieren: „Das war nicht so einfach, wie es zunächst von außen ausgesehen hat“, bestätigt Gerd Schönfelder. Der 16-malige Goldmedaillengewinner der Winter-Paralympics hatte aber sichtlich Spaß bei dieser Übung.

Die große Herausforderung des vierten Wettkampftages wartet jedoch am Mittag: Beim Schneeschuhlauf in den Wäldern rund um Dawson City haben die Sportler gleich mehrere Gegner. Es sind nicht die sieben Kilometer Wegstrecke, die hier für Probleme sorgen. Vielmehr schneidet die Kälte von rund 45 Grad Minus schmerzhaft ins Gesicht. Der Wind verstärkt das Gefühl tauber Hautflächen noch mehr und kalte Füße werden ebenfalls zum Problem und fordern unweigerlich den Kampf mit dem inneren Schweinehund heraus. Nur wer sich hier durchbeißt und die letzten Reserven mobilisiert, kommt ins Ziel.

„Ich war vorher noch nie in Kanada. Von Orten wie Dawson City habe ich lediglich ein paar Legenden gehört. Jetzt tatsächlich selber hier zu sein, dass ist neben der ganzen sportlichen Strapaze eine echte Belohnung“, beschreibt Lina van de Mars ihre Gefühle nach dem anstrengenden Ausdauer-Event.

Beim neunten Wettkampf der Fulda Challenge kam es einerseits auf Kraftausdauer, andererseits auf genaues Augenmaß an. Die „Canada-Games“ sind rustikal: Hier muss in kürzester Zeit eine Scheibe – das so genannte Cookie – mittels einer Zweimann-Säge von einem Baumstam abgesägt werden. Anschließend soll das Gewicht des Cookie geschätzt werden.

14 glückliche Athleten, mehr als 1500 Kilometer absolvierte Wegstrecke und erleichterte Mediziner sehen am Ende in Whitehorse mit Freude auf die einwöchige Strapaze zurück: Nach zehn harten Disziplinen setzten sich in der Teamwertung letztlich die Kanadier durch. Chantal Mackenzie und Ryan Smith liefern sich bis zum Schluß ein heißes Kopf an Kopf-Rennen mit dem Duo Berit Diel und Alexander Lang (Deutschland 4) und den Schweizern Jelena Maksimovic und Angelo Brack. Damit bleiben in diesem Jahr die heißbegehrten Gold Nuggets aus dem Klondike-Gebiet in ihrem Herkunftsland. „Ich freue mich so sehr, dass wir am Ende die Nase vorn hatten. Es war eine harte Woche, aber wir hatten Spaß und haben in den anderen Athleten viele neue Freunde gewonnen“, zeigt sich Chantal Mackenzie überglücklich. Ryan Smith lobt „die tolle Organisation und die starken Leistungen der anderen Teams.“

In der Damen-Einzelwertung siegt Chantal Mackenzie vor Berit Diel und Katja Beer. Die Wertung der Männer führt Angelo Brack an. Der Schweizer verweist Iron-Man-Athlet Alexander Lang auf Rang zwei und Teamsieger Ryan Smith auf Position drei.

Für die prominenten Starter der Extremsport-Veranstaltung ist „ein Erlebnis, meine Fitness wiederzuentdecken, der Kälte zu trotzen und Kanada kennenzulernen. Das war ein guter Start in dieses Jahr“, resümiert Moderatorin Lina van de Mars knapp. Ihr Teampartner Jenke von Wilmsdorff fügt lächelnd hinzu: „Extrem kalt, extrem anstrengend und sehr abwechslungsreich. Die atemberaubende Landschaft hat mich begeistert und ich habe es geschafft, mich durchzubeißen.“ Für Christine Theiss war es extrem erfahrungsreich. „Ich habe viele tolle Leute kennengelernt und sehr viel Spaß gehabt. Als Profi-Sportler muss ich auf meinen Trainingsplan achten, bin in der Aufbauphase für meinen nächsten Kampf. Darum darf ich hier nicht übertreiben. Was die Kälteverträglichkeit angeht, habe ich aber eine Menge dazugelernt“, lautet das Fazit der Kickbox-Weltmeisterin. „Verrückte Sachen bei extremen Temperaturen machen, dass hat richtig Spaß gemacht. Und ich bin froh, dass ich mir nichts abgefroren habe“, bringt Paralympics-Rekord-Medaillengewinner Gerd Schönfelder seine Erlebnisse auf den Punkt.

„Mal abgesehen von ein paar üblichen kleinen Blessuren, gab es für uns in diesem Jahr eigentlich nicht viel zu tun“, fasst Dr. Martin Bergold knapp zusammen. Der Mediziner gehört zur jährlichen Stammbesetzung bei der Fulda Challenge. Keiner der Athleten hat sich überschätzt, alle haben die Strapazen bemerkenswert gut weggesteckt. Hans-Joachim Stuck ist der sportliche Leiter der Fulda Challenge. Auch er zieht ein positives Fazit: „Wir haben großartige sportliche Leistungen gesehen. Bei diesen Temperaturen seinem Körper alle abzuverlangen ist eine absolute Herausforderung und erfordert Nehmerqualitäten. Ich ziehe meinen Hut vor allen Athleten.“

„Ich bin sehr zufrieden mit dem Verlauf der diesjährigen Fulda Challenge. Die Athleten haben herausragende Leistungen gezeigt. Wir kommen nächstes Jahr wieder, so viel ist sicher“, wirft Dr. Rainer Landwehr, Chef von Goodyear Dunlop Germany, schon einen Blick ins Jahr 2013. (ampnet/tw)

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Fulda Challenge 2012: Lina van de Mars.

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