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Kommentar: Alte Kameraden

Bob Lutz mit seinen mehr als 50 Jahren Autoerfahrung soll’s nun richten. Der 77-jährige Technikverantwortliche von General Motors (GM) soll als Interims-Aufsichtsratsvorsitzender von Opel für den immer noch maroden US-Autobauer das europäische Geschäft sanieren. Zusammen mit dem bisherigen Asien-Manager von GM, Nick Reilly, steht er jetzt in der Pflicht, Opel und Vauxhall unter dem GM-Dach eine Zukunft zu bauen.

Als gebürtiger Schweizer spricht der Auto-Veteran immerhin Deutsch, was aber nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass er die Probleme in Deutschland und Europa noch versteht. Seit vielen Jahren zeichnet Lutz für die Technik beim US-Hersteller verantwortlich, und dennoch bauen die Amerikaner immer noch Autos, die selbst die Amerikaner nicht mehr kaufen wollen.

Wer ihn kennt, weiß, dass Lutz darunter leidet, die Wende beim einstmals scheinbar unbezwingbaren Autoriesen nicht geschafft zu haben. Doch auch wenn man ihm viele Weichenstellungen zu alternativen Antrieben zugutehalten kann, sind es eben „seine“ Autos, die in den USA auf Halde stehen und auch außerhalb der Vereinigten Staaten keine Erfolge einfahren konnten.

Das Dilemma, in den Opel heute steckt, entstand schon in der Vergangenheit mehr in Detroit als in Rüsselsheim. Viele alte Kameraden aus den USA haben sich in Europa als Manager versucht. Das Ergebnis ist bekannt. Kein Wunder, wenn Arbeitnehmervertreter wie der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz gleich nach der Entscheidung des Verwaltungsrats am vergangenen Dienstag, nicht an Magna und Sberbank zu verkaufen, diesem Management den „Krieg“ erklärte.

Man mag es eine Blamage der Bundesregierung nennen, dass der Magna-Plan nicht aufgegangen ist. Man mag es auch als Zeichen typisch amerikanischer Überheblichkeit werten, wenn der Staatskonzern GM – das US-Schatzministerium hält 70 Prozent der Anteile – jetzt auf einmal alle Vereinbarungen über Bord wirft und sich selbst in der Lage sieht, GM in Europa zu sanieren. Es hilft aber wenig. Niemand kann die Amerikaner zum Verkauf zwingen.

Also stecken die Opel-Mitarbeiter nun mal wieder in dem tiefen Tal der Unsicherheit, zumal Nick Reilly als ausgewiesen harter Sanierer vor den Werkstoren steht. Er, Bob Lutz und deren gemeinsamer Chef Frederick (Fritz) A. Henderson wollen schon diese Woche ihren Plan bei Politik, Management und Mitarbeitervertretungen vorstellen. Wie man hört, wollen sie 10 000 Arbeitsplätze der insgesamt 50 000 Arbeitsplätze in Europa abbauen, vielleicht auch mehr.

Werkschließungen stehen ebenfalls auf dem Programm. Und nun kann sich niemand mehr dagegen wehren; denn das Geld als Druckmittel fällt weg. Schließlich hatte die alte Bundesregierung nach der Intervention von Wettbewerbskommissarin Nelly Kroes erklärt, der Bund sei bereit, jeden von GM gewählten Investor zu unterstützen, wieso dann nicht auch GM als Sanierer?

GM braucht das Geld. Das Unternehmen hat zwar vom Staat 58,6 Mrd US-Dollar (rund 40 Mrd Euro) kassiert und bei einer Blitz-Insolvenz viele Schulden bei anderen abgeladen, aber ein Gewinn ist noch lange nicht in Sicht. Als Fritz Henderson am Dienstag vergangener Woche beteuerte, mal fühle sich dem Opel-Problem finanziell gewachsen, hatte er die deutschen Milliarden wohl schon mit auf seiner Rechnung.

GM braucht aber auch gute Manager für Opel und Vauxhall. Die alten Kameraden aus Detroit werden es auf Dauer nicht sein können. Henderson beeilte sich deswegen schon nach der Bekanntgabe des Ausscheidens von Carl-Peter Forster, dem bisherigen GM-Europa-Chef, zu versichern, man suche im Einvernehmen mit den Mitarbeitern nach einem Deutschen. (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann

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