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Rustikab: Günstig zum eigenen Fernreise-Mobil

Was macht man, wenn einem die Fernreisemobile von renommierten Herstellern schlicht etwas zu teuer sind? Man baut sich sein Reise-Fahrzeug selbst. So wie der Allgäuer Horst Fischer. Sein Ziel: Das komplette Fahrzeug soll möglichst unter 20 000 Euro kosten – inklusive Basisfahrzeug, versteht sich. Aus dem ersten Eigenbau ist mittlerweile ein kleines Unternehmen geworden.

Begonnen hat Fischers Reise-Leidenschaft mit einem Motorrad. Später zieht er mit einem Unimog 416 los, sechs Monate durch Europa, nach Albanien, Bulgarien und Rumänien. Er dreht Reisevideos, beispielsweise im Oman oder den Arabischen Emiraten. Nach etlichen Reisen steigt Fischer um und sucht sich ein kleineres Reise-Fahrzeug. Mit WoKi, einem Mazda 2500 Pick-up mit Alu-Riffelhardtop und Aufstelldach, reist er mit seiner Frau Karin sieben Monate nach Zentralasien, nach Kasachstan, in die Mongolei, Kirgistan, Tadschikistan, Usbekistan und Kasachstan.

Nach ihrer ausgiebigen Reise durch Zentralasien ist für Fischers klar: Ein Fahrzeug mit mehr Geländepotenzial muss her. Horst Fischer macht sich an den Bau seines neuen, geländegängigeren und größeren Fernreisemobils. Das geeignete Basisfahrzeug findet er in Gestalt eines TRM 2000 von Renault, dessen 3,6-Liter-Motor 117 PS leistet und der rund 95 km/h schnell ist. Der ehemalige Laster der französischen Armee hat zuschaltbaren Allradantrieb und Portalachsen wie ein Unimog, einen Radstand von 270 Zentimetern bei einer Gesamtlänge von gut fünf Metern und einer Breite von 220 Zentimetern. Kurz gesagt: kompakt, geländegängig und mit ausreichend Zuladung. Unwiderstehlich für Fischer. Er überführt den im Internet gefundenen, gebraucht rund 5000 Euro teuren Allrad-Lkw französischer Herkunft aus dem Rheinland ins Allgäu. Dort sucht er sich ersteinmal eine für den Umbau geeignete, etwas größere Halle.

Horst Fischer entfernt zunächst einmal diverse Blechteile und demontiert den Reserveradhalter samt Kran. Die Ladebrücke baut er mit einem Frontlader ab, dann geht es an erste Fahrversuche mit dem „nackten“ Renault. Eine erste Inspektion ergibt, dass der Kraftstofftank sich noch recht gut erhalten und ohne größeren Roststellen zeigt. Lediglich das Batteriefach ist, als einziges Bauteil, stark vom Rost in Mitleidenschaft gezogen. Alle demontierten Blechteile werden entrostet, neu lackiert, dann geht es wieder an den Zusammenbau.

Dabei macht Horst Fischer die Erfahrung, dass die Ersatzteilversorgung für den TRM 200 bei Renault Trucks erstaunlich gut ist. Fast alle Teile sind noch verfügbar, aber zu welchen Konditionen? Drei Beispiele: Eine Vordruckanzeige für den Bremsdruck kostet bei Renault 237 Euro. Bei Wabco sind es rund 100 Euro. Ein Teleskop-Schaltgestänge kommt bei Renault netto auf 2200 Euro, bei Mercedes kostet es mit Hydraulik 670 Euro. Ein Original-Dieseltank mit 120 Litern Fassungsvermögen soll sage und schreibe rund 3000 Euro kosten. Gebrauchte MAN-Kunststofftanks mit 100 Litern Inhalt gibt es bereits ab etwa 40 Euro. Renault lässt sich also die Lagerung der Ersatzteile ganz anständig bezahlen.

Nachdem der Lkw fertig aufbereitet und technisch fit ist, stellt sich die spannende Frage: Welche Wohnkabine kommt auf das Fahrgestell? Klar ist recht schnell: Die serienmäßige Brücke kommt ohne Veränderung wieder drauf. Eine Sandwich-Konstruktion als Wohnaufbau erscheint dem Allgäuer Fischer zu teuer. Er vergleicht die Eigenschaften diverser Materialien und wiegt Musterstücke ab, denn nach dem Auf- und Ausbau der Wohnkabine soll ja auch noch ausreichend Zuladung verbleiben. Auf Reisen verzichten Fischers gerne auf Dinge wie elektrische Spül- und Waschmaschine, Stromaggregat, Kristallglashalter, Marmorfußboden und andere aus ihrer Sicht sinnfreie Dinge. Das fertige Fahrzeug dürfte, was den Ausbau und die Technik betrifft, also relativ leicht werden. Somit bleiben Reserven und die Kabine selbst darf etwas mehr wiegen. Sandwichplatten, Monopan, Corapan und Aluverbund kommen in die nähere Auswahl. Schließlich landet Horst Fischer bei Fahrzeugbau-Platten, auch bekannt als Siebdruck-Platten. Warum Siebdruck-Platten? Auch, aber nicht nur der Kosten wegen, sondern vor allem wegen der Stabilität. „Ich bin ein Kontaktfahrer. Ich streife auf Reisen hin und wieder schon mal ganz ordentlich durchs Gestrüpp“, erläutert Horst Fischer. Deshlab entscheidet er sich für 18 Millimeter starke Siebdruck-Platten. Sie sind äußerst zäh, langlebig und im Vergleich zu Sandwichplatten stabiler und günstiger, aber eben auch schwerer.

Beim Bau des Koffers klappt alles wie geplant. Eine gute Idee, so Horst Fischer, war es, die Siebdruck-Platten gleich beim Lieferanten zuschneiden zu lassen. Das erspart ihm einige zusätzliche Arbeit. Er verklebt und verschraubt die Platten mit Profilen aus dem Fahrzeugbau. Der Koffer hat keinen Gitterrahmen und auch keine Rahmenelemente mitten in den Wänden. Die Wohnbox ist eigenstabil und hat nur an den Ecken, um die Tür und Klappen einen Rahmen. Einzig Stehwände sind im Koffer verbaut, sie hat Horst Fischer mit den Aussenwänden verschraubt. Dann wird der Wohnkoffer noch von innen isoliert. Fertig. Theoretisch zumindest. In der Praxis dauern die Arbeiten am Chassis, der Bau und das Aufsetzen der Kabine allerdings beinahe ein halbes Jahr. Die Kabine ist von aussen nach innen so aufgebaut: Siebdruck-Platten, Isolation, Dampfsperre und Innenverkleidung. Die Wandstärke liegt bei insgesamt 45 mm. Wichtig, so Fischer, ist die Vermeidung von Kältebrücken. Deshalb isoliert er auf der Innenseite sämtliches Material aus Aluminium. Einen Durchstieg vom Fahrerhaus zum Wohnbereich der Kabine sieht Fischer nicht vor. In seinem Unimog hatte er einen Durchschlupf - und hat ihn nie benutzt.

Im nächsten Arbeitsschritt werden innen noch die restlichen, schmalen Stehwände und die Wände der Hängeschränke montiert. Dann kommen noch die Klappen für den Heckstauraum, das Batteriefach und die Tür dazu.
In mühevoller Kleinarbeit und mit handwerklichem Geschick verkleidet Karin Fischer den Fahrzeughimmel. Noppenschaumstoff, überzogen mit blauem Stoff, schmückt den Blick nach oben. Der Geräuschpegel im Fahrerhaus sinkt, endlich sind während der Fahrt Gespräche ohne Geschrei möglich.

Horst Fischer dokumentiert seine Fortschritte beim Bau seines Fernreisemobils in einem Internet-Blog. Zudem ist er in einigen einschlägigen Internet-Foren unterwegs. Von dort erreichen ihn immer wieder Fragen, Tipps, Anregungen und Vorschläge. Darunter auch Stimmen, die bezweifeln, dass er das fertige Fahrzeug unter 7,5 Tonnen bekommen werde. Sein eigener Plan liegt sogar bei 6,3 Tonnen. Vollgetankt und mit Fahrer wiegt das nackte Fahrgestell des Renault TRM genau 3930 Kilogramm. Mit aufgesetztem Koffer folgt der nächste Wiegegang. Das Ergebnis: 4590 Kilogramm. Horst Fischer stellt fest: „Zu schwer ist der Aufbau meines Erachtens nicht. Zu teuer oder schwierig zu bearbeiten ist er auch nicht. Außerdem ist er äußerst zäh und stabil. Einziger Nachteil: Unlackiert und in dem handelsüblichen Rot-Braun ist er nicht sonderlich hübsch.“

Mit aufgesetzter Kabine ist der Renault TRM 330 Zentimeter hoch, 220 Zentimeter breit und 575 Zentimeter lang. Die gegenüber dem Basisfahrzeug erhöhte Außenlänge ist durch den Heck-Alkoven der Wohnkabine bedingt, Horst und Karin Fischer wollen unbedingt ein Festbett und eine Sitzgruppe. Andererseits sollen die 310 cm Brückenlänge des Renault-Lkw nicht überschritten werden. Um das alles im Wohnraum realisieren zu können, wird die Kabine für das Doppelbett einfach nach hinten gezogen: mit einem Heck-Alkoven für eine Liegefläche von 140 x 200 cm und einem Stauraum darunter, der die Geländetauglichkeit des Renault nicht einschränkt.

Durch seinen kurzen Radstand ist der TRM etwas kopflastig. Er braucht zwingend Gewicht auf der Hinterachse, sonst neigt er zu durchdrehenden Rädern an der Hinterachse. Durch die Kabine kommt schon einiges Gewicht auf die Hinterachse, Horst baut im Stauraum noch einen zusätzlichen Dieseltank ein. So können weitere 280 Liter Diesel gebunkert werden. Der Tank ruht auf Antirutschmatten und hat seinen Platz im „Keller“ der Wohnkabine. Neben, über und hinter dem Tank bleibt noch Platz und Stauraum.

Beim Möbelbau entscheidet sich Horst Fischer für Birke-Multiplex. Dachhauben, ein 48-Liter-Kompressorkühlschrank von Waeco, Standheizung, Fenster und Schlösser werden im Handel bestellt. Durch die Heckverlängerung des Wohnkoffers ist im Wohnbereich ausreichend Platz für zwei Hochschränke. In einem ist der Kühlschrank verbaut, im anderen das transportable WC untergebracht. Die Sitzgruppe ist für zwei Personen konzipiert.

Ein Schiebefenster an der Tür und vier Ausstellfenster von Seitz sorgen für Licht und Frischluf. Dazu spendiert Fischer seiner Wohn-Kiste ein 70 x 50 cm großes Midi-Heki im Wohn-/Kochbereich und eine 40 x 40 cm Dachluke über dem Heckbett. Für die Küche gibt es einen gasbetriebenen Zweiflamm-Kocher, integriert in eine Spülen-Kombination. Für Frischwasser sorgen zwei je 47 Liter fassende Wassertanks mit Shurflo-Pumpe. Trinkwasser wird aus Kanistern entnommen, die funktionieren auch ohne Pumpe ganz simpel über die Schwerkraft. Für Wärme sorgt eine Standheizung von Webasto zuständig, eine AirTop EVO 3900 mit Höhenregulierung.

Auf eine 230 Volt Elektroinstallation verzichtet Weltenbummer Fischer bei seinem Frontlenker ganz bewusst. Seine Erfahrung während der siebenmonatigen Zentralasien-Reise zeigte, dass es per Lichtmaschine und Solar geladenem Bordakku geht. Dank sparsamer Stromabnehmer reichen die 240 Ah der Batterie aus.

Zur Warmwasser-Bereitung und zum Kochen setzen Fischers auf den festinstallierten und mit Gas betriebenen Zweiflammkocher. Außerdem sind Multifuel-Kocher an Bord. Mit auf Reisen geht auch immer ein Vulkan-Wasserkocher. Je nach verwendetem Brennmaterial raucht der allerdings etwas stark.

Die mit Diesel betriebene Heizung landet im Stauraum unter dem Bett. Die Abgas- und Verbrennungsluftrohre sind nach unten geleitet. Die Frischluft wird unter dem Heckalkoven angesaugt. Die Austritte in den Stauräumen blasen nicht in den Wohnraum, sondern in die Hinterlüftungen der Stauräume. Sie erwärmen so die Hohlräume mit trockener Heizungsluft und sorgen für einen Zwangsaustausch der Luft. Über den Heizungsrohren verlaufen die Wasserleitungen, die so zusätzlich beheizt werden.


Ziemlich genau zehn Monate baut er, unterstützt von seinem Vater und seiner Frau Karin, an seinem Fernreise-Renault. Getauft wird das rustikale Mobil auf den Namen Dschiggetai, das ist ein asiatischer Wildesel. Nicht mehr als 20 000 Euro wollte der Allgäuer ausgeben. Am besten nicht viel mehr als 15.000 Euro. Gelandet ist er bei den Kosten so ziemlich genau in der Mitte. Zugegeben, dieses Ziel ließ sich nur durch ein wenig Verhandlungsgeschick und ein paar gute Kontakte erreichen.

Dann kommt für Fischers die erste Nacht im neuen Mobil, bei minus fünf Grad. Probewohnen sozusagen. Fazit von Horst Fischer: „Die Fuhre ist gelungen. Wir haben geschlafen wie kleine Götter.“ Offenbar sehen das mit der „gelungenen Fuhre“ auch andere so. Denn es gibt nach Fertigstellung etliche Anfragen, ob Horst Fischer es sich vorstellen könne, auch für andere eine Kabine zu bauen. Kann er – und das war dann die Geburtsstunde von Rustikab (www.rustikab.de). Einem kleinen Unternehmen im Allgäu, bei dem man nun rustikale und funktionale Fernreisemobile kaufen kann, wenn man sie nicht selbst bauen will oder kann – so wie Horst Fischer. (ampnet/gp)

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Renault TRM 200 mit Rustikab von Horst Fischer.

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Renault TRM 200 mit Rustikab von Horst Fischer vor dem Endausbau.

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