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Glosse: Die City gehört mir – oder?

Hätten Sie gern im Sommer mit mehr Sonnentagen? Vier von fünf Deutschen würde die Frage sicher mit einem freudigen Ja beantworten. Die Sinnfälligkeit der Frage, ob wir gern weniger Autos in den Innenstädten hätten, ist genauso überwältigend. Die Antwort auf die Frage, ob wir in den Innenstädten nicht viel mehr Parkplätze brauchen, würde ähnlich positiv ausfallen. Mehr als 80 Prozent wünschen sich weniger Autos und mehr Parkplätze in den Innenstädten. Um das zu wissen, braucht man kein Prophet zu sein und muss auch nicht – wie das Umweltbundesamt (UBA) –alle zwei Jahre eine Studie durchführen.

Natürlich sind alle für mehr Fußwege, Schnellstraßen für Radfahrer und den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). So gehört sich das schließlich heutzutage. Deswegen entstehen die Antworten längs der Erwartungshaltung der Fragenden. Selbstverständlich braucht man eigentlich kein Auto mehr und hält Carsharing für eine tolle Idee für Jedermann. Und die Leute lernen sogar immer besser, welche Antworten von ihnen erwartet werden. Deswegen gerät das Auto alle zwei Jahre bei diesen UBA-Umfragen ein bisschen weiter in Hintertreffen und die jugendlichen Fortbewegungsarten legen zu.

Es mag ja in einigen städtischen Bereichen chic geworden sein zu behaupten, man brauche kein eigenes Auto. Man kann auch dem ÖPNV nur wünschen, dass er attraktiver wird. Und auch Carsharing hat sich inzwischen eindrucksvoll etabliert. Das alles sind Angebote, die im Kern einer Großstadt sinnvoll sind und einer bestimmten, jungen Zielgruppe sehr entgegenkommen – finanziell und in ihrer aktuellen Einstellung zum Leben.

Aber der Verkehr der Zukunft in der Innenstadt wird sich nicht reduzieren lassen auf die schlichte Regelung: alles, nur kein Auto. Es wird kein entweder-oder geben können, sondern nur ein Miteinander. Dafür müssen wir Konzepte und Fahrzeuge entwickeln. Es wird Zeit. Die Automobilhersteller und mancher Verkehrsplaner mögen recht haben mit ihrem Konzept des Shared Space, des gemischten Verkehrs mit schließlich voll autonomen Fahrzeugen, die auf andere Verkehrsteilnehmer automatisch Rücksicht nehmen.

Wir brauchen alles, auch Carsharing, bessere Verbindungen für Fußgänger und Radfahrer und so weiter. Was wir nicht brauchen, ist die politische Verunglimpfung eines Verkehrsteilnehmers mit Aktionen wie dieser mit Fragen, die Ihre Antwort heftig nahelegen. Oder mit Zusammenhängen, die so nicht zutreffen. Auch bei dieser Fragerunde wird der Krach des Verkehrs mal wieder ausschließlich dem Auto zugerechnet. Es stimmt: das kann noch leiser werden mit leiseren Reifen. Die aber rollen auf Straßen, deren Erbauer sich keinen Deut darum gekümmert haben, ob der Fahrbahnbelag einen leisen Autoverkehr erlaubt. Was heute an Krach an unser Ohr dringt, generieren die Straßen mehr als die Fahrzeuge.

Klar hätten wir gern eine leise Innenstadt, wenn man schon so fragt. Wir hätten auch gern weniger Autos auf den Straßen, weil – wenn wir ehrlich sind – wir dann besser in die Stadt fahren könnten. (ampnet/Sm)

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Peter Schwerdtmann

Peter Schwerdtmann

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