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Wollen Versicherungen informieren oder verwirren?

Transparenz lautet eines der Zauberwörter dieser Zeit. Jeder verlangt, alles durchschauen zu können. Das schaffen aber offenbar nur wenige. Eine aktuelle Studie des Instituts für Transparenz (ITA) kommt zu dem Ergebnis, dass vier von fünf Befragten im Alltag auf schwer verständliche Informationen treffen. Es ist schon eine gute Tradition, dass sich das „Goslar Institut“ solch kritischen Themen aus der Sicht der Versicherer stellt. So geschehen jetzt in Köln.

Unter dem Titel „Vorsätzlich verworren? Wirkliche Transparenz oder Lippenbekenntnisse?“ trafen sich Dr. Mark Ortmann, Geschäftsführer ITA, Professor Dr. Wolfgang Weber, Vorstandssprecher der HUK-Coburg-Versicherungsgruppe, Axel Kleinlein, Vorstandssprecher des Bunds der Versicherten, und Professor Dr. Volker Wolff, Journalistisches Seminar der Johannes Guttenberg-Universität Mainz unter der Moderation von Carola Ferstl, Moderatorin und Redakteurin beim Nachrichtensender „n-tv“ zu dem Versuch, bei den Versicherungen Transparenz zu finden oder zu fordern.

Ortmann hatte dafür ein Ergebnis auf den Tisch gelegt, das die Versicherungen zu anderem Handeln bringen sollte: Nur fünf Prozent der in der ITA-Studie Befragten sagten über die Produktinformationen der Versicherungswirtschaft, die könne jeder verstehen. Dagegen waren 28 Prozent der Meinung, die Texte seien fast nur für Experten verständlich. 16 Prozent waren sicher, das könne man nicht einfacher beschreiben, 28 Prozent unterstellten der Versicherungswirtschaft, sie gebe sich nicht genug Mühe, aber 53 Prozent witterten Unrat. Sie vertraten die Meinung, die Versicherungstexte solle nicht jeder verstehen. Es überwiegt also der Verdacht oder die Unterstellung, der Versicherungen verschleierten ihr Angebot bewusst.

Früher war alles einfacher, genau gesagt bis 1994, als sich der Staat aus der Genehmigung von Versicherungsdienstleistungen herauszog. Bis dahin mussten Tarife genehmigt werden: Seitdem ist jede Gesellschaft frei, das Angebot zu formulieren, von dem sie sich bei ihren Kunden den meisten Erfolg verspricht. Damit wurden die Angebote so unübersichtlich wie die Tarife fürs Mobiltelefon.

Der Autofahrer erlebt das bei seinen Haftpflicht- und besonders bei den Kaskoversicherungen, bei denen ihm immer wieder neue Leistungen offeriert werden, für die er vielleicht bereit ist, einen höheren Betrag zu bezahlen. Als Beispiel für ein sinnloses Angebot geisterte durch die Podiumsdiskussion immer das eines Zusatzbeitrag zur Versicherung gegen das vollständige Aufspringen der Motorhaube während der Fahrt. Eigentlich kann das heute ausgeschlossen werden. Aber offenbar Leben ausreichend viele Autofahrer mit der Angst vor dem Unmöglichen, die ihnen eine Extraprämie gerechtfertigt erscheinen lässt.

Wegen solcher Angebote werden die Versicherungen in allen Bereichen immer weniger vergleichbar. Und zunehmend fehlen die Institutionen, die Vergleiche durchführen können. Auch die Medien sind dazu heute nur noch selten in der Lage. In den immer kleiner werdenden Redaktionen fehlen die Fachleute dafür, waren sich die Experten einig. Allein die Redaktion der Zeitschrift „Finanztest“ der Stiftung Warentest sei dazu noch in der Lage, hörte man.

Eine Lösungsmöglichkeit könnten Ratingagenturen bieten, die sich einen Kriterienkatalog zusammenstellen, an dem sie Angebote messen. Eine weitere Möglichkeit bieten Vergleichsportale im Internet. Doch die Experten warnten davor, die Qualität der Portale zu überschätzen. Keines biete einen kompletten Überblick, und hinter jeder Empfehlung eines Portals stehe die Erwartung, bei einem Abschluss Provision zu kassieren – bei teureren Tarifen also mehr als bei billigeren.

Zurück zu den staatlich reglementierten Angeboten wollte aber niemand. Die Vielfalt ist gewollt. Und die führt zu langen Texten; denn die Versicherungsbedingungen sind Vertragsbestandteil. Also müssen alle Leistungen so genau beschrieben werden, bis die Rechtsabteilung zufrieden ist. Gleichzeitig versucht das Marketing jeder Versicherung, Pakete von Leistungen zu schnüren, die sich gut verkaufen lassen. Die Komplexität nimmt also nicht ab. Sie wächst.

So endete der Abend mit der Einsicht, Transparenz könne in erster Linie durch eine verständliche Sprache hergestellt werden, die nicht nur auf Juristen ausgelegt ist. So soll der Kunde die Chance erhalten, sich so zu informieren, wie er es für sich erwartet. Manche Versicherungen – besonders die, die ihr Geschäft über das Internet abwickeln – werden es sicher auch mit einfacheren Produkten versuchen, die sich dem Kunden rascher erschließen.

Die Diskussion kreiste um die Einsicht, dass die Liberalisierung der Versicherungswirtschaft zu immer neuen Angeboten führen wird, die beschrieben werden müssen. In diesem vom Marketing geprägten Markt werden viele Versicherungen sich einer Sprache bedienen, von der sie annehmen können, dass sie den Kunden informiert und nicht verwirrt. Für sie stellt Transparenz kein Lippenbekenntnis dar. Es wird aber auch weiterhin Anbieter geben, die bewusst verschleiern.

Somit liegt der Schwarze Peter beim Verbraucher, dem Versicherungsnehmer. Er kann einem unabhängigen Berater vertrauen. Er kann auch das Bemühen einer Versicherung um klare und transparente Beschreibung als einen Hinweis auf die Qualität der Gesellschaft verstehen. Gerade beim Geschäft über das Internet könnten aber auch neue Angebote bestehen, die ganz bewusst auf Einfachheit und Transparenz setzen.

Zum Jahreswechsel werden wir wieder mit Angeboten der Anbieter von Kfz-Versicherungen zum Wechsel bombardiert werden. Das ist eine gute Gelegenheit, sich ein Bild von der Transparenz der Tarife zu verschaffen. (ampnet/Sm)

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