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Aluminium ist auf dem Vormarsch

Der weltweite Bedarf an Aluminium im Automobilbau wird sich bis 2020 mindestens verfünffachen, glaubt Philip Martens, Chef von Novelis, dem Weltmarktführer für Walzaluminium und Aluminium-Recycling im US-amerikanischen Bundesstaat Atlanta. Seit mehr als 40 Jahren beliefert Novelis Aluminiumprodukte für die Kraftfahrzeugindustrie und führt in der Entwicklung neuer Legierungen, die den Automobilherstellern dabei helfen, leichtere und Kraftstoff sparende Pkw und Lkw herzustellen.

Zu den Novelis-Kunden zählen unter anderem Ford, Audi und Jaguar Land Rover, die zusammen mit der japanischen Autoindustrie den Verbrauch des zu Platten gewalzten Novelis-Leichtmetalls in den kommenden sechs Jahren von gegenwärtig rund 350 000 Tonnen auf rund 1,8 Millionen Tonnen steigern werden.

Audi verarbeitet das silbrig glänzende Leichtmetall beispielsweise zum A8, A3 und A3 Sportback E-Tron sowie anderen Modellen zumindest teilweise und will es spätestens 2025 in all seinen Modellen vom A4 an aufwärts einsetzen.

Jaguar Land Rover gab erst dem Range Rover und dann dem Range Rover Sport als erstem seiner Klasse eine Aluminium-Architektur, die ihm dabei hilft, mehr als 450 Kilogramm Gewicht einzusparen. Auch die Karosserien der neuen Jaguar F-Type Modelle bestehen aus Aluminium.

Um in Zukunft sowohl den Treibstoffverbrauch als auch den Ausstoß von Kohlendioxid noch weiter zu reduzieren, sind die Automobilproduzenten weltweit gezwungen, sich nach leichteren Materialien als Stahl umzusehen. In den USA zum Beispiel beginnt Ford noch in diesem Jahr damit, seinen populären Bestseller, den Pick-up F-150 ganz aus Aluminium zu fertigen, andere Personen- und Nutzfahrzeughersteller werden in den kommenden sechs Jahren ebenfalls auf Aluminium umsteigen, sagt Philip Martens voraus.

Der Aluminiumanteil in den Fahrzeugen weltweit – ob als ausschließlicher Werkstoff für die Karosserie oder nur für Motorhauben und Türen – wird die Fahrzeugproduzenten in absehbarer Zeit zu den wichtigsten Kunden der Aluminiumbranche machen, wobei in einigen Teilen der Welt die Nachfrage schon bald das Angebot an Primäraluminium übertreffen könnte. In Nordamerika zum Beispiel verlassen pro Jahr 1,13 Millionen Tonnen die Aluminiumhütten, benötigt aber werden schon 2015 mindestens 1,3 Millionen Tonnen. Eine ähnliche Entwicklung erwartet Takuki Murayama, Chef des Japanischen Aluminiumverbands für sein Land, was sich natürlich auch auf den Alu-Preis auswirken wird.

Ergibt sich hier ein unlösbares Problem? Keineswegs, denn jetzt kann Aluminium seine große Stärke ins Feld führen. Zwar verbraucht die Produktion von einem Kilo Aluminium viereinhalb Mal so viel Energie wie die Herstellung der gleichen Menge Stahl. Aber Aluminium ist nahezu unbeschränkt recyclingfähig. So nutzt beispielsweise allein Novelis jedes Jahr 40 Milliarden leere Getränkedosen als Rohstoffquelle, schmilzt sie ein und macht daraus wieder Aluminium. Die Menge dieser Dosen würde ausreichen, um sie aneinandergereiht mehr als 100-mal um den Erdball zu wickeln.

Aluminium, dritthäufigstes Element der Erde und das am meisten vorhandene Metall, ist ein wahrer Tausendsassa. Zwar so alt wie die Welt, steht es als ernsthafter Werkstoff noch nicht einmal 200 Jahre zur Verfügung. Das liegt daran, dass es das schimmernde Metall nirgendwo in der Natur in reiner Form gibt. Es kommt stets nur als chemische Verbindung vor – in nahezu jedem Gestein, in Ton und in Bauxit. Mit roher Gewalt lässt es sich da aber nicht herausholen, weder mit Feuer noch mit Druck. So leicht wie an Platin, Gold, Silber, Eisen oder Kupfer ist an Aluminium nicht zu kommen.

Der Engländer Sir Humphry Davy versuchte 1807 als erster, das in Alaun und Tonerde vermutete Metall elektrisch zu gewinnen, allerdings nur mit mäßigem Erfolg: Die Krümel, die er nach seinem Experiment im Tiegel vorfand, stellten sich als Eisen-Aluminium-Legierung heraus. Immerhin aber war nun die Existenz von Aluminium als eigenständiges Element bewiesen. Den Namen leitete Davy vom englischen Wort „alum“ für Alaun ab.

Der deutsche Chemiker Robert Bunsen, Erfinder des nach ihm benannten Brenners, entwickelte 1841 die Zink-Kohle-Batterie und legte damit den Grundstein für die elektrolytische Gewinnung von Aluminium aus Bauxit. Die aber kam erst in den 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts so richtig in Schwung, nachdem der Amerikaner Charles Martin Hall und der Franzose Paul-Louis Hérault unabhängig voneinander die Schmelzflusselektrolyse erdacht hatten, mit der auch heute noch die industrielle Aluminiumproduktion funktioniert.

Zuvor konnte Aluminium nur äußerst kompliziert hergestellt werden und war entsprechend wertvoll. So wertvoll, dass 1884 die Spitze des 170 Meter hohen Washington-Denkmals in der amerikanischen Hauptstadt eine Haube aus Aluminium bekam, die vor dem Richtfest beim Juwelier Tiffany's in New York ausgestellt wurde. Aluminium war etwas Besonderes. Der Sohn Napoleons III. spielte mit einer Kinderrassel aus Aluminium, der Prinz von Dänemark stülpte sich das gleiche Material in Form eines Paradehelms auf das edle Haupt und auch der Eros auf der Spitze des weltberühmten Brunnens auf dem Londoner Piccadilly-Circus ist aus Aluminium. Doch dann ging es mit dem Preis des Metalls steil bergab: Es entstanden Küchengeräte wie Töpfe und Besteck aus Aluminium, und in den Ersten Weltkrieg zogen vor 100 Jahren die Soldaten mit Feldflaschen und Kochgeschirr aus dem gleichen Material.

Im Automobilbau kommt Aluminium erst seit etwa 20 Jahren nach und nach in Schwung. Wichtigster Grund: Im Auto können 200 Kilo Aluminium eine halbe Tonne Stahl ersetzen. Nach der damals geltenden Faustregel sparten 100 Kilo weniger Gewicht auf 100 Kilometer 0,6 Liter Sprit ein. Rechnete man den Energiebedarf bei der Alu- beziehungsweise Stahlproduktion in Kraftstoff um, dann erforderte die Herstellung einer Aluminiumkarosserie etwa 500 Liter mehr als die Herstellung der Stahlkarosse. Durch den Spareffekt im leichteren Auto war dieser Mehrbedarf nach 25 000 Kilometer Fahrstrecke wieder ausgeglichen. Von Kilometer 25 001 an fuhr das Alu-Auto seinem konventionell gebauten Kollegen davon. Inzwischen ist die Bilanz zugunsten von Aluminium aufgrund besserer Produktionsverfahren noch günstiger.

Den Spareffekt unterstreicht besonders eindrucksvoll ein Beispiel aus dem Schiffsbau: Als die schnellen und wendigen Seenotkreuzer der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger noch aus Stahl gebaut wurden, benötigten sie eine Maschine mit 7100 kW / 9600 PS um ihre Höchstgeschwindigkeit von 31 Knoten (57 km/h) zu erreichen. Die gleich großen neuen Boote aus Aluminium benötigen dafür heute 1226 kW / 2400 PS weniger. (ampnet/hrr)

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Range Rover Sport.

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Range Rover 3.0 SDV6 Hybrid.

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Jaguar F-Type Coupé.

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Range Rover Sport SDV8.

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Audi A8L.

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Picadilly Circus

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